Wenn der Jahresend-Trubel vorbei ist, treffe ich mich zum Jahresanfang mit meinen alten Kumpels. Uns verbindet die Musik und das Bier. Letzteres wird bei solchen Gelegenheiten traditionsgemäß nur aus der Flasche „genuckelt». Das Bier, die Flasche und die Musik gehören zusammen. Mit Musik meine ich, dass wir früher alle selber in die Saiten gegriffen haben.
Nicht für die Bühne, sondern nur für uns. Just for fun. Wir spielten für uns, für unsere Freunde und deren Bekannte. Letztere wurden im Laufe der Zeit immer mehr und unser Proberaum entwickelte sich zum verruchten Partyraum.
Beim diesjährigen Revival hatte ich ein Heimspiel. Da ich kein Instrument mehr spiele, widme ich mich eben dem HiFi. Röhren-HiFi um ganz genau zu sein. Die Gelegenheit, meinen „neuen» 509-Verstärker vorzuführen. Mal hören, was meine Kollegen sagen…
Wie es halt so geht, schwelgt man schnell in der Vergangenheit. Mit jedem Jahr kommt eine Anekdote hinzu oder wird etwas mehr ausgeschmückt. Je länger ein Ereignis zurückliegt, desto „besser» wird es. Was früher eine mittlere Katastrophe bedeutete, ist heute Anlass für einen Lachanfall. Kennt man, jeder weiss es, macht trotzdem Spass.
Zum Beispiel die Sache mit dem „irren Bass». Unser damaliger Bassist war zweifelsohne ein Saitenakrobat. Leider besaß er die unangenehme Eigenart, mitten im Spiel entweder den Basslauf oder aber die Spielweise zu ändern, also anstatt zu zupfen, wurden die Saiten angeschlagen (Slapping). Erst viel später stellte sich heraus, dass er gemeinsame Sache mit dem Schlagzeuger machte. Irgendwann hatten wir das spitz und sobald ein bestimmter „Roll» oder „Fill in» (eine Art kleiner Trommelwirbel) erklang, wechselten wir ebenfalls die Spielweise. Wir haben lange dafür üben müssen. „Smoke on the water» kann man auch sehr „funky» spielen… Das kostet aber „Freundschaften», weil man Deep Purple eben nicht „funky» spielt.
Die Mitglieder unsere „Proberaum-Band» wechselte ständig. Eines Tages kam eine Hammond-Orgel dazu. Irgendein Wersi-Selbstbau. So etwas ist wichtig, wenn man die Doors spielen will. Nachdem wir die Doors „durch hatten», kam uns die Idee, Arthur Browns „Fire» zu „performen». Wir haben sehr gut „performt». Aus heutiger Sicht eine Mordsgaudi. Die Stratocaster vom Leadgitarristen hat diesen Abend aber nicht überlebt. Seither ist unser ehemaliger Leadgitarrist mit Banjo, Westerngitarre und Blues-Harp unterwegs.
Die Sache mit dem Bier. Nunja. Es war damals üblich, zur Probe mit einem Kasten Bier zu kommen. Streng nach dem Rotationsprinzip war jeder mal dran, den Kasten zu organisieren. Nun hatten wir keine Lust, unsere Spielfreude nur wegen ein, zwei Schluck unterbrechen zu müssen. Und so wurde die Flasche zum „Slider» umfunktioniert. Dem „irren Bass» wurde es nach einem Stück verboten. Auf das klangliche Erlebnis kann man verzichten. Deep Purple auf „Funky»-Art ist eine Geschichte, einen „Slider» über dicke umsponnene Bass-Saiten zu ziehen, eine ganz Andere.
Es dauerte dann auch nicht lange, da schauten andere Musikerkollegen herein, um zu hören, was wir da mit den Bierflaschen „zauberten». Mittlerweile waren wir da richtige Profis. Wir kreierten sogar einen Blues und nannten den dann einfach „Bierflaschen-Blues». Leider (oder besser glücklicherweise) blieb unser Talent unendeckt.
Meine Musikerkollegen konnten sich übrigens auf Anhieb mit meinem Röhrenverstärker anfreunden. Natürlich mussten ein paar Session-Mitschnitte von damals (digital aufbereitet) zu Gehör gebracht werden. Trotz der doch be… scheidenen Aufnahmetechnik war zu hören, wie es bei uns zuging.
Wir hatten, deutlich hörbar, Spass.
Bis auf die Arthur Brown Geschichte.
Das langsam lauter werdende Martinshorn hatte was…
– Friedrich Hunold –
PS: Das darauffolgende Donnerwetter hatte es auch in sich und wir mussten schwören, nichts mehr zu „performen», wo das Wörtchen „Fire» oder „Feuer» drin vorkommt.
Wir haben uns daran gehalten. Ehrlich. Wenn ich’s doch sage.
Von Esperanto war allerdings nicht die Rede. 😉