Uchida 300B

Was hat ’ne Uchida mit einer L’Audiophile 300B nicht gemeinsam? Das sind genau drei Dinge. Klar, die Herkunft. Uchida kommt aus Japan, aus Frankreich die andere Kiste. Obwohl beide Verstärker in Class-A laufen, kann die Schaltungstopologie unterschiedlicher nicht sein.

Orientierte sich die französische 300B-Legende am amerikanischen Vorbild (Western Electric), geht man (noch heute) mit der Uchida schaltungstechnisch eigene Wege. Anstatt zwei- findet man im Bereich Eintakter fast immer ein dreistufiges Schaltungskonzept. Auch die derzeit gehypten 300B-Eintakter im Mini-Tower Gehäuse aus China gehen auf das Uchida-Konzept von Sun-Audio zurück.

Beiden Schaltungskonzepten gemeinsam ist, dass nur ein Koppelkondensator im Weg liegt. Gerade was Kapazitäten angeht – (die dritte „Ungemeinsamkeit») da kommt die Uchida doch sehr bodenständig daher. Und hier öffnet sich Tür und Tor für „Verbesserungen» aller Art. Umgekehrt sieht’s bei L’Audiophile aus, der man erst einmal zu bodenständigkeit und Realitätssinn verhelfen muss.

Beide Verstärker waren bzw. sind ursprünglich Bausätze. Pfiffige Hände mach(t)en aus den Bausätzen dann käuflich zu erwerbende Fertiggeräte. Bausätze – da bekommt man eigentlich nur das „Grundgerüst» mit mehr oder weniger „Verbesserungspotential». Das alles wissen Sie natürlich. Das Netz ist voll mit Uchida-Geschichten.

Zeit für eine Warnung: Wenn Sie esoterisch angehaucht und überzeugt davon sind, dass ein guter Kondensator einhundert Euro und mehr kosten muss, gute Netztrafos und Übertrager bei Vollmond von vergeistigten Wesen von Hand gewickelt werden, dann, bitte, klicken Sie auf das Kreuzchen oben rechts…

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So eine Uchida ist nämlich wirklich nix besonderes. Nur ganz normale Röhrentechnik. Ich, als staatlich anerkannter High-End Proll, kann das Gewese um derartige Vintage-Schaltungen nicht verstehen. So einfach kann nämlich ein Röhrenverstärker aufgebaut sein. Das war, als der Uchida-Bausatz Anfang der 1990’er Jahre auf dem Markt kam, aber doch eher selten gewesen. Quasi als Gegenpart die L’Audiophile 300B…

Generell: Es ist schon „interessant», was man sich im Namen des „Wohlklangs» alles einfallen lässt. Und damit sind wir beim Thema.

Rettet Uchida

Irgendjemand kaufte sich eine „aufgebrezelte» Uchida mit 300B Trioden und 274-Röhrengleichrichter (alles von Western Electric). Und irgendwann wird das Ding wieder verkauft (Verstärker und WE-300B natürlich getrennt…). Der jetzige Besitzer hatte Glück und griff bei Uchida und 274 zu und war zufrieden. Bis er das Teil einem Werkstatt-Aufenthalt gönnen musste.

Danach war es vorbei mit der Herrlichkeit: Leistungseinbußen, kein Druck mehr, Brumm und sporadische Störgeräusche in einem Kanal. Irgendetwas wurde geändert…

Aufgabe: Wieder den Kaufzustand, wenn nicht sogar den „Uschi-Urzustand», herstellen. Leichter gesagt, als getan. Was war denn der Kaufzustand? Also führen wir ein wirklich nettes, aufschluss- und hilfreiches Gespräch mit dem „Hersteller».

Fundsachen

Da eine Uchida generell immer etwas brummt (akustische Betriebszustandsanzeige), sind den beiden 300Bs ausgewachsene Regelungstechnik für eine wirklich saubere Heizspannung spendiert worden. Ich hätte es ja weniger kompliziert gemacht und nur die ursprüngliche Gleichspannungsheizung (Sparversion) „aufgepeppt».

Aber das Teil funktioniert ausserordentlich gut und man kann exakt, bis auf’s Millivolt, die Heizspannung bei gesteckten (!) Röhren einstellen. Wie sich das klanglich auswirkt, wird sich allerdings zeigen müssen…

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Der ursprüngliche Röhrengleichrichter 5U4G ist durch eine 274B von Western Electric ersetzt worden. Leider – Datenblatt hervorgeholt – ohne jede weitere Anpassung… Dass das ohne Gewitter so lange gut gegangen ist… Donnerwetter.

Der bzw. die beiden Koppelkondensatoren sind nicht richtig angelötet. Die Dinger entpuppen sich das als Papier-in-Öl Gedöns, dazu mit einer verdoppelten Kapazität (also 0,47µF statt 0,22µF).

Da die 6SN7 mit Wechselspannung beheizt wird, hätte ich zumindest hier für Symmetrierung gesorgt. Ursprünglich hängen die Heizfäden der 6SN7 Potentialmäßig in der Luft. Was man sich da einhandeln kann, kann man hier nachlesen. In dieser Uchida wird einseitig und zudem kapazitiv ein „fliegender» Bezug zur Schaltungsmasse (0V) hergestellt.

Und es findet sich eine doch arg straffe Gegenkopplung. Muss man Verstärker so zuwürgen? Die „echte» Uchida kommt ohne Gegenkopplung aus. Leistungsverlust und kein Druck – da haben wir’s. Die Gegenkopplung ist eindeutig nach dem Kauf hinzugekommen…

Der „Zustand» einer 6SN7 macht stutzig. Das sieht nicht gut aus und will untersucht werden. Doch gerade diese Röhre erwies sich vollkommen in Ordnung. Die gesund Aussehende war’s, die höllisch unter Mikrofonie litt. Das vorweg.

Zum Schluss die leidige Sache mit dem Schutzleiter…

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frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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