Gegentaktverstärker? Pentodenmodus? Hm… Gegentaktverstärker assoziiert man häufig, oder sehr oft, mit Ultralinear. Solche Röhrenverstärker „laufen» ultra linear. Besser geht’s nicht. Oder doch? Hier sei noch kurz angemerkt, dass mit Pentodenmodus auch Tetrodenmodus gemeint ist, denn (muss man sagen) es exisitieren mehr Leistungs-Tetroden als -Pentoden.
Pentoden (EL84, EL34), Tetroden (6L6GC, 5881, 6550) oder Beam Power Tetroden (KT66, KT88, KT90) werden in Röhrenverstärkern meist in Gegentakt (Push Pull) beschaltet und liefern dann richtig Leistung: Zwischen 15 Watt (EL84) und über 100 Watt (KT88) ist alles drin. Damit die Röhren Leistung bringen, kommt es auf drei Faktoren an: die Betriebsspannung, die Beschaltung und der Ruhestrom (wobei wir hier stillschwigend davon ausgehen, dass der Gegentakter in Class AB bzw. Class AB1 (Ultralinear) läuft – also mit einstellbarem Ruhestrom).
Ruhestrom
Meistens sagen einem die Hersteller, wie hoch der Ruhestrom (BIAS) im betreffenden Röhrenverstärker zu sein hat. Ob das wirklich optimal ist, kann man relativ leicht nachrechnen. Wir kramen uns dazu am besten das Datenblatt genau der betreffenden Endröhre heraus (wenn er nicht bei Frank zu finden ist, hilft eine Suchmaschine mit folgen Begriffen zu füttern: „datasheet Firma Röhrentype»), suchen die Angabe „maximale Anodenverlustleistung» (in Watt), messen dann die Betriebsspannung nach und dann darf gerechnet werden.
Wir machen uns hier die recht genaue Faustformel zunutze, dass das Ergebnis etwa 60% der Anodenverlustleistung (Plate Dissipation in Watt) sein soll.
Lautet die Datenblattangabe zB. maximale Anodenverlustleistung 42 Watt im Pentodenmodus (nicht Ultralinear), dann sind 60% eben 25,2 Watt. Als Betriebsspannung nehmen wir mal 500 Volt an.
Die Grundformel
stellt man um, um den optimalen Ruhestrom (BIAS) zu erhalten
Mit 50mA (0,05A) läuft die Röhre also schön rund und vollkommen innerhalb ihrer Spezifikation. Je höher nun der Ruhestrom gewählt wird, desto höher der Klirranteil. Etwas mehr Leistung lässt sich auch noch herauskitzeln. Macht man beispielsweise in Gitarrenverstärker. Gibt man bei dem Ruhestrom aber zuviel Gas, dürfte die Röhre „rote Backen» bekommen.
„Rote Backen» heisst: Die Anodenbleche glühen und man ist gerade dabei die Röhre zu killen. Man spricht auch von einer guten, mittleren, Einstellung (60% für HiFi) und einer „heissen» Einstellung (70% bis 75%, z.B. für Gitarrenverstärker).
Diese einfach gehaltene Betrachtungsweise gilt zunächst nur für den Pentodenmodus. Wer es exakt haben will, kommt um die Messungen von Anodenstrom und Schirmgitterstrom nicht herum.
Übrigens: Multipliziert man die Prozentangabe mit zwei, bekommt man als Ergebnis die ungefähre Ausgangsleistung des Gegentakters. Bei Eintaktern dividiert man die Anodenverlustleistung dagegen durch vier. Auch dieser Wert ist eher ein zu hoher Schätzwert.
Und nun wird’s interessant. Jetzt kommt das, wozu dieser Artikel geschrieben wurde: Die Sache mit dem
Schirmgitter (Screen grid)
Das Schirmgitter bei Pentoden oder Tetroden haben die Entwickler ja nicht ohne Grund nach aussen geführt.
Hier besteht noch Möglichkeit, am Verhalten der Pentode (Tetrode) etwas zu „drehen». Bei den Endröhren kann die Art der Beschaltung erheblichen Einfluss auf Klirr, Verzerrungen und Leistung haben. Das Schirmgitter liegt dabei immer auf positives Spannungspotential.
Das Schirmgitter wird auch als g2 bezeichnet. Das Gitter g1 ist das Steuergitter. Wichtig: Um ein oszillieren zu verhindern, liegt in der Schirmgitterzuleitung immer ein Widerstand (etwa 100Ω, höhere Werte haben hier die Aufgabe, „etwas» Spannung zu vernichten, dann entspricht die Belastbarkeit dieser Widerstände auch nahezu die maximale Leistung des Schirmgitters.
Steht z.B. im Datenblatt etwas von 6 Watt, sind 6W-Widerstände eigentlich nicht falsch – aber völlig überdimensioniert. Vier Watt dürften völlig ausreichend sein. Achtung: Dieser Widerstand übernimmt auch Schutzaufgaben – besonders wenn es sich um „Ultralineartechnik» (eigentlich Schirmgittergegenkopplung) handelt. Ein dicker Hochleistungswiderstand (Zementbunker), der ja heiss werden darf, ist das falsche Bauelement! Genauso wie Metallwiderstände. Entweder Draht oder – noch besser – Kohlewiderstände.
Auch wenn man in den Datenblättern zunächst nur eine Spannungsangabe findet – nicht die Spannung allein interessiert, sondern eher Leistung. Also W(att). Und Watt ist das Produkt von Spannung und Strom. Das Schirmgitter zieht sich den Strom, den es zur Erreichung seiner „Leistungsfähigkeit» benötigt. Deshalb findet man meist auch „irgendwo» eine W-Angabe für das Screen grid (g2), idealerweise auch noch für die folgenden Betriebsarten:
Triodenmodus
Pentoden bzw. Tetroden können zwar Leistung produzieren, leider geht dies auch einher mit ganz vielen „bösen» ungradzahligen Oberwellen (k3, k5). Leistungstrioden (die haben ja ausser einem Steuergitter ja kein weiteres Gitter) hingegen produzieren vorwiegend die „guten» gradzahligen Oberwellen (k2, k4).
Um nun den Pentoden Triodeneigenschaften anzuzüchten, wird das Schirmgitter einfach mit der Anode verbunden. Das reduziert zwar die Leistung verhilft der Pentode aber auch zu weniger k3 und mehr k2. Nachteil: Das Schirmgitter wird NF-mäßig „moduliert» und darf einen maximalen Spannungswert im Ruhezustand (Datenblatt) nicht überschreiten. Wir müssen uns hier vor Augen führen, dass die reine Anodenspannung bei Ansteuerung mit dem NF-Signal beaufschlagt wird. Da können durchaus 100 Volt und mehr hinzukommen.
Pentodenmodus
Wird jedoch wirklich Leistung verlangt, schaltet man das Schirmgitter auf eine stabile positive Spannung. Diese Schirmgitterspannung muss wirklich stabil anliegen und darf nicht im Takt der Musik schwanken. Die Schirmgitterspannung darf auf keinen Fall den maximalen Grenzwert (äh… Datenblatt?) überschreiten und liegt immer deutlich unter der Betriebsspannung Ub, die in leistungsfähigen Verstärkern auch mal über 600V betragen kann!
Viel Leistung bedeutet auch ein hoher ungradzahliger Oberwellenanteil. Geschickt gewählte Ruheströme (die ja auch die Leistung beeinflussen) sowie Trioden in der Vorstufe können das Klangbild gut „ausbalancieren».
Ultralinear
Alan Blumlein kam irgendwann auf die Idee, das Schirmgitter an eine definierte Übertrageranzapfung anzuschliessen. Hafler & Kereos machten aus dieser Grundidee dann das Ultralinear. Damit liegt das Schirmgitter zwar auf positives Spannungspotential, aber es wird NF-mäßig moduliert. Es gelten die gleichen Bedingungen wie auch im Triodenmodus. Die Betriebsspannung (Ub) liegt meist in der Nähe der maximalen Schirmgitterspannung.
Achtung: Bei „echtem» Ultralinearmodus wird kein Widerstand vor dem Schirmgitter geschaltet.
Die Wirkungsweise ist streng genommen eine lokale Gegenkopplung und stellt einen Kompromiss zwischen Trioden- und Pentodenmodus dar. Die Leistungsausbeute ist daher geringer als der reine Pentodenmodus, von den klanglichen Eigenschaften aber „sauberer».
Ultralinear ist schön und gut – aber kein Allheilmittel. Wenn richtig Leistung verlangt wird, versagt diese Technik.
Umschaltbarer Trioden- & Ultralinearmodus
Beide Betriebsarten sind miteinander verwandt. Beide haben ihre Existenzberechtigung. Aber zusammen? Das ist nun wirklich keine so gute Idee und ist mit vielen Kompromissen behaftet. Nicht zuletzt stellt so ein Betriebsarten-Umschalter eine letale Waffe für die Endröhren dar und ist purer Sadismus.
Wer seine geliebten Röhren zuverlässig killen will, der betätigt den Umschalter ein paar mal während des Betriebes und einer Leistungsabgabe von etwa 40%. Wenn überhaupt, sind manuelle Schalter vorzuziehen, die nur dann betätigt werden, wenn der Verstärker ausgeschaltet ist.