Fast passend zum vergangenen „Record Store Day“ benötigte ich ’ne neue Schallplattennadel und stiess dabei auf eine kleine „Frickelbude“ die Plattenspieler repariert / customized. Und das ausgerechnet hier in der Pampa. Da, wo sich Kultur und Lebensart „Gute Nacht“ sagen. Normalerweise muss man für derartiges ins Ruhrgebiet fahren (sowohl für die Nadel als auch für Kultur und Lebensart). Oder das Internet bemühen.
Ok, die Jungs von Varyturn haben ein Faible für Technics-Plattenspieler – bevorzugt die Geräte, die der DJ einsetzt. Aber man versicherte mir, dass man sich auch andere Marken annimmt und diese auch nicht „verhunzt“ – heisst, die Plattenspieler (Varyturn redet von „Turntables“) bleiben also so, wie sie früher mal verkauft wurden.
Plattenspieler reparieren
Das Instandsetzen (neudeutsch-verdenglischt: Refurbished) eines Plattenspielers bleibt nicht nur aufs säubern beschränkt – besondere Aufmerksamkeit widmen sich die Jungs dem meist verharzten Fett. Denn fast jeder alte Plattenspieler, der jetzt wiederentdeckt wird, hat sich im Laufe der Zeit schlichtweg „kaputtgestanden“. Also ist, bevor neu gefettet wird, „liebevolles entharzen“ angesagt. Neu vermessen und ausgerichtet läuft er danach meistens wieder „wie früher“. Eventuell wird noch der alte DIN-Stecker durch RCA-Stecker ersetzt.
Plattenspieler customized
Das ist eigentlich das Hauptbetätigungsfeld von Varyturn. Da stehen Modelle zur Ansicht, die – rein vom Wert her – gut zu einem Original WE-91 Röhrenverstärker passen könnten. Das, was da zB. goldig aussieht, ist wirklich Gold. Optisch jedoch glatter Stilbruch. Zu einem WE-91 passt eher ein Rillenkratzer im Industriedesign mit Flugrost oder Hammerschlaglack.
Die Jungs von Varyturn sind jung. Dazu noch völlig unbeleckt vom High-End Virus (wenn die erst einmal entdeckt haben, dass man mit „NOS-Dämpfungsöl“, High-End mäßig natürlich im 2CV gelagertes Motoröl, für den Tonarmlift viel Geld machen kann…) Die wissen aber trotzdem, was sie tun. Leider legen sie noch (zu) viel Wert auf das Fratzenbuch. Mit Erlaubnis hole ich mal ein paar Bilder von dort rüber, damit man sich nicht extra bei der virtuellen NSA-Zweigstelle anmelden muss. Eine Warnung vorweg: Das muss nicht jedem gefallen…
Einig waren wir uns jedoch darin, dass die Kundschaft zum grösstenteil U30 (also unter 30) ist, die sich die alten Plattenspieler wieder funktionstüchtig machen lassen wollen. Es muss ja nicht immer eine Mischung aus Acryl-Kunst und angewandtem Maschinenbau sein. Ich kann / „muss“ das leider bestätigen. Mein Nachwuchs hechelt derzeit ebenfalls den schwarzen Scheiben (mit Zielobjekt Dual-Plattenspieler – mit Thorens hat man es (noch) nicht) hinterher…
Nachtrag zu der dargestellten Verpackungsanleitung: Das funktioniert vielleicht bei den Leichtgewichten von Technics. Aber – allein der Plattenteller eines Telefunken S500 wiegt einiges mehr als derartige Plattenspieler als Ganzes. Und wenn so ein Plattenteller einmal in Wallung kommt, dann sind Transportschäden vorprogrammiert. Wer sein Schätzchen liebt, der investiert auch in ein, zwei 30mm Styroporplatte(n) aus dem Baumarkt. Der Plattenteller gehört daher übrigens „Erdbeben- & Tornadosicher“ unter dem Plattenspieler verpackt.
Ach ja. Meine Schallplattennadel. Die hatte Varyturn passend da. Und da die Jungs jünger sind als ich, folglich besser sehen, montierten die die Nadeln gleich auf’s System. Fand ich klasse.
Ein Problem haben die Jungs aber: Was tun, wenn der Verstärker des Kunden keinen Phono-Verstärker (mehr) hat? 😉