Brassel am Kopp

So richtig dicke Klöpse oder Fehler sind mir in 2020 nicht passiert. Dachte ich noch Anfang Dezember 2020. Zu früh gefreut, denn kurz vor Weihnachten passierte es dann doch. Man sollte eben nicht zu früh das Jahr Revue passieren lassen.

Wobei „Fehler» nicht das richtige Wort ist. „Logische Konsequenz» passt viel besser. Der „Fehler»: lautes Brummen.

Die Geschichte kurz & knapp: Ein Vorverstärker musste her. Weil es nicht „Schema-F» sein sollte, entscheide ich mich für eine Abwandlung des PasAk. Natürlich auch das Netzteil nebst Stromquelle für die Heizung. Was für Phono taugt, ist auch für eine Line-Stufe zu gebrauchen. Nur auf die Verstärkung muss man etwas achten.

Ist alles relativ schnell aufgebaut, abgeglichen, durchgemessen und getestet. Noch etwa 14 Tage bis Heiligabend – also etwas „Brassel am Kopp»…

Ich glaube, ich hatte es schon einmal erwähnt: „Brassel am Kopp» (vulgo latenter Stress) ist bei uns zu dieser Jahreszeit völlig normal. Weil eben nicht nur eine (!) Geburtstagsgedächtnis-Scheunenparty stattfindet… Eigentlich haben wir darin schon Übung, diesmal war es allerdings – nicht nur wegen Covid und das die Feiertage ausgesprochen bescheuert fallen – doch etwas „brasseliger».

Okay, wer schon einmal einen Vorverstärker aufgebaut hat, der weiss, wie leicht man sich Brumm einfangen kann. Hatte ich im PasAk zunächst auch. Ganz beliebt sind zum Beispiel unsaubere Masseverdrahtungen. Mit der Schaltungsmasse (0V-Leitung) ist eben nicht zu „spaßen»…

Der Schaltungsentwurf, das zum Verständnis, zweistufig. Weil ich am Ausgang partout die gleiche Signalphasenlage haben wollte, wie sie eingespeist wurde.

Test ’n‘ Mess

An der ersten Verstärkerstufe gab es nix zu bekritteln. Kein Wunder – sie verstärkt ja auch kaum. Das Oszilloskopbild zeigte einen absolut sauberen Signalverlauf. Keine Störungen – nix. Wie aus dem Bilderbuch.

Ab der zweiten Stufe wurde es etwas komisch. Zusätzlich zum Signal traten feine, kaum sichtbare „Nadelimpulse» auf, die von links nach rechts durch’s Bild wanderten. „Störimpulse aus dem Netz», dachte ich. Aber sonst so… Sieht gut aus. Keine Anzeichen von Brumm an sich.

Akustisch verprobt wurde natürlich auch. Logisch. Typisch „Brassel am Kopp»: Schuld an dem bisschen Brumm war die… nunja.. „improvisierte» Verstöpselung an eine potente PA-Endstufe… So die Mutmaßung.

In dem HiFi-Setup des Kunden jedoch war das Brummen am Telefon mehr wie überdeutlich hörbar. Besonders, wenn auf unbelegte NF-Eingänge geschaltet wurde. Das war allerdings kein „normales» Brummen. Der Sound war irgendwie anders… Ein, wie auch immer gearteter, Fehler in der Schaltungsmasse (0V-Leitung) hat einen anderen „Klang».

Verdammt. Ich schicke doch keine Brummbären auf Reisen…

Neues Jahr, neues Glück

Eine langwierige Fehlersuche war die Folge. Nix. Schaltung, Netzteil – alles in Ordnung. Okay, also doch die Schaltungsmasse. Versuchen Sie mal einen Fehler zu korrigieren, der gar nicht da ist…

Und was sagte das Oszilloskop? Das sagte immer das Gleiche: Sauberer Signalverlauf, unbeschaltete Signal-Eingänge „sauber», aber immer mit diesen fiesen feinen „Nadelimpulsen».

Irgendwann wird man blind und man sieht ihn nicht. Den „Fehler». Oder man schlussfolgert falsch, wenn man an den Messbedingungen etwas ändert (Wer misst, misst manchmal eben auch Mist).

Solution by Hammer

Anstatt nun noch länger herumzueiern, neige ich in solchen Fällen dazu, alles zu demontieren und neu aufzubauen. Hilft in 99,9% aller Fälle. Diesmal jedoch nicht.

Lutsch mich rund und nenn‘ mich Bärbel!
Diese verdammten „Nadelimpulse»… Das gibt’s doch nicht…

Zur gleichen Zeit „diskutiere» ich mit einem anderen Bastler über Eigenarten einer Röhre, wenn diese nicht direkt einen „Massebezug» an den Heizfäden bekommt. Solche Röhren gibt es. Leider…

Moooment…

Wie kann man denn nur so „vernagelt» sein?

Der Bock war im Heizungs-Schaltkreis der Röhren zu finden. Die Heizfäden der Röhren hingen nämlich potentialmäßig „in der Luft», hatten also keinen festen Bezug zur Schaltungsmasse.

Es kommen nun zwei Dinge zusammen:
Das Uf/k überschritten wurde, ist anzunehmen. Bedingt auch durch den „grossen» Ladekondensator in diesem Schaltkreis, entsteht auch noch ein Ripple auf der Gleichspannung (Nachladung des Kondensators). All‘ das zeigte sich am Oskar dann als feine „Nadelimpulse».

Den Minuspol der Stromquelle auf 0V aka Schaltungsmasse (und damit auch auf „Erde») gelegt…

… Und es ward Ruhe.
Keine „Nadelimpulse», kein Rauschen und kein Brummen.

Ich fasse es nicht…


Eine etwas genauere Beschreibung zu diesem Vorverstärker folgt noch…

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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