Wenn Klang nicht klingt, wie klingt dann Klang? Also HiFi-mäßig. Und überhaupt: Darf HiFi überhaupt klingen? Wenn’s nicht klingen darf, was ist mit dem Klang? Andersrum: Wenn’s klingt habe ich Klang. Kling-Klang.
Verwirrend? Machen Sie sich nichts draus. Das ist normal. Willkommen im Club der Spinner, Verrückten und den permanent gespaltenen Persönlichkeiten.
Glaubt man nämlich den millitanten HiFi-Anhängern, hat HiFi nicht zu klingen, da sich der Verstärker idealerweise als ein Stück Draht verhalten soll. Da Draht aber nicht verstärkt, kommt diese Fraktion sehr schnell in Erklärungsnot. Nötigenfalls werden dann die Argumente mit einem 1kG-Meinungsjustierer (Unterschichten-Jargon: Knüppel) untermauert. Genau die gleiche Fraktion, die den Verstärkerklang ablehnt, schreinert sich dann Lautsprechergehäuse zusammen, da sonst das HiFi-mäßige Musikhören vom Drahtstück keinen Spass macht und die „Durchhörbarkeit“ irgendwie nebulös (Achtung!) klingt.
Auf der anderen Seite gibt’s natürlich auch ein paar Hardcore-Typen. Da muss, da soll, der HiFi-Verstärker klingen. Aber soWatt von. Vorzugsweise findet man diese Typen in der Röhrenszene. Und nicht selten werden gerade hier pysikalische Gesetzmäßigkeiten komplett über den Haufen geworfen. Fällt zunächst nicht auf, da man von dem esoterischen Geschwafel erst einmal irre gemacht wird und man Tage braucht, um wieder richtig beieinander zu kommen.
Und wenn beide Fraktionen ausnahmsweise mal nichts sagen, so kann man diese doch leicht erkennen! Die eine Fraktion hört vorzugsweise „ernste“ Musik a la „Triangelklingel in Es Dur begleitet vom Kastratengeträller“, wahlweise auch das live eingespielte „Hurz“. Die andere Fraktion hört melodisch-aggressiven Rock bei dem man sich die Frage stellt, ob ein kaputter Moppedauspuff nicht besser klingt.
Normalerweise treffen diese beiden Fraktionen nie zusammen. Daher gibts auch kein Krawall. Wenn HiFi jedoch seine Tage bekommt – egal ob west- oder norddeutsch – dann sind sie alle vereint. Ich gebe zu, ich habe so etwas mal gerne besucht. Bis ich allein vom zusehen der „audiophilen Hörschaft“ einen Starrkrampf bekam. Danach hat mein Arzt mir den Besuch derartiger „Zelebrierungsmessen“ strikt verboten. Rauchen und Saufen dürfe ich weiterhin, auch ganz laut Musik er-leben, jedoch nie nicht mehr solche Veranstaltungen besuchen.
Und es tut gut. Dieses angestrengte Hören, ob der Bogen beim Violinenspiel exakt im 30°-Winkel geführt wird, das angestrengte Hören nach „Kling“, „Bing“ oder „Kawümmchen“. Ne. Muss ich mir nicht mehr antun. Ein, mir bekannter, Aussteller hatte dieses Jahr auch die Nase so was von voll mit „Kling“ und „Bing“, das er – ganz unhifi-mäßig – Deep Purpel (unter anderem) vorführte. Also richtig geile Mucke aus einer Zeit, als noch Mucke gemacht wurde. NOS-HiFi, wenn man es so sehen will. Man hat sogar ein bis drei schüttere Herrschaften gesehen, die einen leichten Anflug eines Headbangers vorführten. Und bei Mr Angus Young Strom-Combo sah man dezente Pommes-Gabeln.
Ich mag das. Da ich ja eh eine „kulturelle Wildsau“ bin und HiFi-mäßig eher als das „Enfant terrible“ gelte, darf ich das, freimütig und ohne rot zu werden, mögen. Ich höre, wenn etwas gut klingt (Ja! Ja! Ja! Klingen!) oder wenn am Knochen Fleisch fehlt. Und wenn es klingt, der Fuss in den Wippmodus verfällt, der Noppenanzug sich breit macht – dann ist es HiFi. Dann hat Musik ihr Ziel erreicht. Kommt zum Noppenanzug und Wippmodus noch Pipi in den Augen, dann ist es High-End. Der absolute aurale Gefühlsorgasmus.
Der Carsten Bussler, also der 2A3-Lazarus, hat da ähnliche Erfahrungen machen müssen (wobei Edo Zancki ja nun wirklich nichts dafür kann). Carsten ist da sowieso ne ganz arme Sau. Der kennt sogar jemanden, der Partymucke mit Helene und Andrea hört (Junge, komm‘ mal auf meine Party. Dann haste am anderen Tag neben einen dicken Kater noch einen Tinnitus und derbe Muskelkater im Nacken – aber ein Grinsen, dass Du tagelang nicht mehr aus dem Gesicht bekommst, was dann aber bestimmt nicht an Helene liegt).
Übrigens, genau die gleichen Leute, die Musik zelebrieren und im F-Dur gefolgt vom As-Moll Bedeutungsschwangeres sehen, genau die zerreden den Grönemeyer anstatt ihm zuzuhören (was ja auch nicht immer leicht ist). Übrigens: F-Dur gefolgt von As-Moll hört sich Scheisse an. Da gibt’s nichts hineinzuinterpretieren.
Wie auch immer: Zu alledem passt das ja hier ganz hervorragend und verhele nicht, dass ich so etwas (auch) mag.