Anhänger einer Glaubenrichtung sollen wenigstens einmal im Leben nach Mekka. München wird dieser Tage auch zum Mekka. Für die High-End Jünger. Zelebrierungen inklusive. Sehen und gesehen werden. Staunen, gaffen, träumen. Letzteres, weil man sich viele Gerätschaften – so meine Prognose – nicht leisten können wird. Aber träumen darf man natürlich dürfen – genauso wie man den Glauben glauben darf.
Im Gegensatz zum Glauben geht’s bei (oder auf) der High-End 2015 um ganz irdische Dinge, nämlich erstens um Moneten und zweitens um die Steigerung des Selbstwertgefühls (wenn man sich wenigstens einen Verstärker oder Plattenspieler, der dort ausgestellt ist, leisten kann). So raunte man es mir es vor kurzem zu. Ein anderer: „Die High-End ist HiFi-Porno».
Noch grösser soll sie diesmal werden, die High-End 2015. Noch bunter. Noch lauter. Und noch stressiger. Wer einmal drei Tage eine Messe mitmachen musste, der ist eigentlich geheilt und will so etwas nicht mehr. Es sei denn, man wird vom Arbeitgeber zwangsverpflichtet. Oder muss aus anderen Gründen in (oder auf) der High-End sein. So eine Messe steht man eigentlich nur mit einem gewissen Quantum Trost durch, was nichts anderes als ein bestimmter (sehr niedriger) Alkoholpegel ist. Ein Sektchen hier, ein Sektchen da. (Was meinen Sie, warum die Aussteller am zweiten Tag immer noch lächeln?)
Ob ich denn wenigstens dieses Jahr da sein werden, wurde ich gefragt. Nö, dieses Jahr auch nicht. Erstens ist mir das alles zu hektisch, zweitens müsste ich aus dem betulichen, münsterländischen Bocholt achthundert Kilometer abreissen und drittens bin ich geheilt. Aber so richtig. Ich besuche keine Messen mehr. Noch nicht einmal ausgedehnte Hör-Sessions (ob es gut klingt, höre ich auch bei weniger „anstrengenden» Tätigkeiten…). Achthundert Kilometer – nur zum gucken, small talk und ein dickes Trostpflaster abends an der Bar? Nene, not my cup of tea. Ausserdem weiss ich doch jetzt schon, was zu sehen sein wird. Das deutsche WE-91 Replika von Acousticplan (ganz klassisch vorne die 310A, hinten die 300B und mittendrin eine Gleichrichterröhre) wird garantiert ebenfalls zu sehen und zu hören sein. All den 300B-Schaltungsvergewaltigern (Vorstufe mit 6SN7GT SRPP oder Kathodenbasis) sei ein Hör-Besuch dringenst angeraten.
Ich warte dann doch lieber auf die Bilder, die die Profis schiessen und durch die ich mich dann ganz entspannt durchklicken kann.
Müsste ich die Strecke fahren, so müsste ich ebenfalls so viele Zwischenstopps zwecks Besuche bei Bekannten / Freunden / Kunden einlegen, dass ich garantiert nach der High-End in München eintrudeln würde. Mit dem fliegen habe ich es nicht so und die Bahn… Naja.
Diesmal kommt noch hinzu, dass ich einen Patienten auf der Werkbank stehen habe, dem ich das Brummen – ums Verrecken – nicht komplett abgewöhnen kann. Das ist – für mich – viel interessanter als das Bestaunen von verchromten Zierleisten. Das Ding stammt zudem aus einer Zeit, da war die High-End Messe noch nicht einmal geboren und würde heute als Anachronismus angesehen werden. Schafft allenfalls nur HiFi. „Wie? Damit kann man Musik hören?»
Nicht zuletzt steht der „Vatertag» an. Mir wurde angedroht versprochen, dass ich den nach allen Regeln der „Väterkunst» verbringen werde. „Flüchten zwecklos.» Diesmal haben sie mich… „Mist», würde Bernd, das olle Kastenbrot, sagen. Na dann mache ich heute abend mal den Smoker startklar, damit er morgen früh um „Fünf-Null-Null» mit einem Schweinenacken bestückt werden kann (Ja doch, das Rub ist bereits seit gestern ’drauf), damit’s 12 Stunden später mit dem Pulled Pork klappt (solange braucht das garantiert).
Wie auch immer.
Den Messebesuchern viel Spass und den Vätern: Treibt’s nicht so dolle…
-Friedrich Hunold-
15.05.2015: † B. B. King. „Lucille» hat ihre Stimme verloren.