Automatische Ruhestromregelung

Da wo Licht, ist auch auch Schatten

Von dieser Schaltung kann man alles erwarten, bloß keine Wunder. Die automatische Ruhestromregelung funktioniert, keine Frage. Soll die Röhre mit 30mA ausgesteuert werden, dann erledigt diese Automatik das auch ziemlich gut. Neben dem „klitzekleinen“ Haken gibt es noch handfeste Nachteile, die man nicht erwähnt.

Nachteil: Limiter-Effekt

Wird die Röhre mit NF ausgesteuert, entstehen, je nach Leistungsabgabe, Spannungsschwankungen an der Kathode. Das ist vollkommen normal. Je nach Endröhre und je nach abzugebender Leistung können im Peak auch schon mal über 0,6V Spannungsabfall (je nach Dimensionierung des Kathodenwiderstandes) an der Kathode entstehen.

Die manuelle Ruhestromregelung lässt das einfach durchgehen. Bis zu einem gewissen Grad, können die Röhren das ab. Jahrzehntelang gab es auch nie Probleme damit.

Die Automatik jedoch registriert den vermeintlich zu hohen Spannungsabfall und steuert logischerweise dagegen. Das ist ihre Aufgabe. Die Leistung wird quasi zurückgenommen. Ein „Tempomat“ – aus 500 PS werden 50 PS. Ist der Peak vorbei, regelt die Elektronik wieder auf Soll-Wert.

Je nach Schnelligkeit der Regelung wird das als Limiter hörbar. Ein „Klang-Effekt“, der an frühere Casetten-Recorder oder Tonbandgeräte erinnert, die diese „automatische Aufnahmeausteuerung“ beinhalteten. Wirklich – ein ganz alter Hut…

Bringt man der Automatik jedoch eine gewisse „Trägheit“ bei, dann wird der Limiter-Effekt nicht ganz so deutlich. Mit Kondensatoren, die als „Speicher“ dienen, zum Beispiel. Dieser „Speicher“ gaukelt der Elektronik für eine gewisse Zeit „stabile“ Verhältnisse vor.

Bis zu einem gewissen Aussteuerungsgrad geht das. Wenn man wirkungsgradstarke Lautsprecher besitzt, kommt man wahrscheinlich erst gar nicht in diesen „Limiter“-Bereich. Wird jedoch permanent hoch ausgesteuert, entsteht auch an der Kathode der Endröhre ein höherer Spannungsabfall als im „Ruhezustand“ (statischer Ruhestrom).

Da man es hier mit einer ziemlich „dummen“ Regelelektronik zu tun hat, steuert sie natürlich dagegen. Folge: Die Leistung sinkt, die Röhre wird nicht mehr richtig ausgefahren und das Klangbild wird regelrecht geplättet. Plopp wird zu Plööp.

Nachteil: Der GAU

Ab einem gewissen Alter benehmen sich die Röhren auch alles andere als „normal“. Bedingt durch den Verschleiß macht die automatische Ruhestromregelung dann das, was sie nicht machen sollte. Das ist die Folge der „dummen Elektronik“.

Je höher der Verschleiß, desto weniger Strom fliesst durch die Röhre. Manuell kann man das Sterben noch etwas hinauszögern. Irgendwann sagt aber einem der gesunde Menschenverstand oder der Techniker: „Da müssen jetzt aber neue Röhren her…“

Weil die Werbung ja nicht von Röhren-Verschleiss redet, sondern das phantastische, sorglose HiFi-Leben projeziert, verlässt man sich nun auf die Automatik. Die macht das ja schon…

Die macht das wirklich und regelt den Ruhestrom immer weiter auf. Dieser Vorgang zieht natürlich Strom aus dem Netzteil. Das würde irgendwann zu Qualm und Rauch führen.

Das wissen auch die „Konstrukteure“ derartiger Verstärker. Mit „geschickter“ Dimensionierung des maximalen abzugebenden Stroms des Netztrafos (!) wird in einem solchen Fall der Netztrafo irgendwann in die Sättigung gezwungen. Ein Zustand, der alles andere als gesund ist und deshalb die Schmelzsicherung ansprechen lässt. Kann man so machen.

Wer schon einmal erlebt hat, wie schnell es gehen kann, wenn eine Röhre Amok läuft, der ist geheilt und setzt bestimmt keine Hochlastwiderstände im Kathodenkreis der Endröhre. Ein richtig dimensionierter Drahtwiderstand brennt ganz einfach mit einem kleinen Rauchwölkchen durch und hat damit den Stromkreis unterbrochen. Game Over.

Anders, wenn die automatische Ruhestromregelung zum Einsatz kommt, denn die sorgt dafür, dass es zu keinem „Game over“ kommen kann. Ist dazu noch ein „richtiger“ Netztrafo vorhanden, dem „Sättigung“ vollkommen fremd ist, dann kann man sich die Folgen selber, in vielen bunten Farben, ausmalen.

Dimensionierung

So gut und schön die „automatische Ruhestromregelung“ auch sein mag. Sie muss auf den jeweiligen Verwendungszweck hin dimensioniert werden. Also auf Schaltungsart und Endröhren. Sollte logisch sein.

Betriebswirtschaft kollidiert aber oftmals mit der Logik!

Das, was man aber im kommerziellen Bereich sehr oft findet, sind Universal-Schaltungen die in allen möglichen Schaltungsumgebungen eingesetzt werden. Eine auf EL34 ausgerichtete Elektronik muss es auch mit KT88 aufnehmen. Ob der Gegentakter im Triodenmodus oder im Pentodenmodus arbeitet – immer findet sich diese eine Universalschaltung.

Das will natürlich in die Hose gehen. Nur die Elektronik ist da hinderlich…

So „dumm“ die Automatik auch ist, sie macht das einzig „kluge“ und verhindert nach Kräften, dass es nicht in die Hose geht. Zumindest für eine gewisse Zeit. Mehr kann sie auch nicht tun.

Sie regelt nicht mehr den Ruhestrom, sondern verhindert hochlaufende, tödlich wirkende, Ruheströme.

Sie erinnern sich an den „klitzekleinen“ Haken? Bei falscher Röhrenbestückung und falscher Schaltungsart „fliessen“ dann keine 0,05V, sondern sofort 0,3V. Was soll die automatische Ruhestromregelung da noch regeln?

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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