Kondensatoren gehören zu einer NF-Röhrenschaltung wie Beethoven zur Musikgeschichte. Selbst wenn man diese Dinger meiden will wie der Teufel das Weihwasser („Nur ein nicht vorhandener Kondensator ist ein guter Kondensator…“) – so ganz ohne Kondensator geht es dann doch nicht.
Diese „Vermeidungshaltung“ ist nicht so unbegründet, denn Kondensatoren haben alle so ihre „Eigenarten“ auf die man gerne verzichten kann – wenn es denn überhaupt möglich wäre! Ist es aber nicht!
Ring frei für den Kondensator-Fight!
Kondensatoren – über dieses Thema – mit besonderem Bezug zur NF-Technik – ist schon viel geschrieben und noch mehr debattiert worden. Die jeweilige Meinungshaltung kann man dabei so ganz grob in zwei Lager unterteilen:
In der linken Ecke der rein technische Ansicht die auch gerne impliziert, das alles, was nicht in eine mathematische Formel passt, Einbildung ist.
In der anderen Ecke die „HiFi-Schamanen“ mit ausgeprägten verkäuferischen Talenten und/oder Anwender mit grosser Einbildungskraft…
Ich darf Ihnen bereits jetzt sagen, dass beide Lager nicht ganz richtig liegen, denn die Wahrheit liegt, wie so oft, irgendwo in der Mitte! Also ungefähr bei dem „vs.“ …
Faul beim Fight
Skepsis ist immer dann angebracht, wenn Kondensatoren für den Einsatz in Röhrenverstärker (meist als Koppelkondensatoren), verglichen oder marktschreierisch angepriesen werden! Die beschriebenen Klangeigenschaften entstammen häufig aus dem Lautsprecherbau (Frequenzweiche).
Deshalb sofort eine wichtige Anmerkung: Die Eigenschaften, die ein Kondensator in der Frequenzweiche herausbildet, können (dürfen) nicht 1:1 auf die Röhrentechnik übertragen werden – ganz einfach deshalb, weil in einem (jedem) Röhrenverstärker ganz andere Voraussetzungen herrschen.
Mein Senf zum Kondensator-Thema wäre also eigentlich überflüssig, denn irgendwie haben sowohl die Pragmatiker als auch die Esoteriker irgendwie Recht. Soll doch jeder sein Ding machen, wie er glücklich wird. Wäre… Tja, wären da nicht die „Tuningsversuche“ die mit allerlei Kondensatorenkongloromate (das Wort ist genauso sperrig wie das Ergebnis) Unzulänglichkeiten des Verstärkers zu kaschieren versuchen.
Also
Wenn ein Röhrenverstärker nicht klingen will, hat das mit Sicherheit andere Ursachen, als ein „falscher“ Kondensator! Und überhaupt: Was ist „richtig klingen“? Ein Verstärker darf doch gar nicht klingen. „Klang“ – darüber lässt sich trefflich philosophieren. Monatelang, Jahrelang. Nötigenfalls bis zum Exitus eines Diskutanten – alles ohne Ergebnis. Wat den Eenen sin Uhl, is den Annern sin Nachtigall.
Also diesmal „mein Versuch“ einer Darstellung, speziell für die Röhrenverstärkertechnik, losgelöst vom technischen Kauderwelsch (es sollte also auch (oder gerade) für Laien verständlich sein) und auch auf die Gefahr hin, mich HighEnd-mäßig ins Abseits zu befördern. Deshalb eine Warnung: Meine „Ketzerei“ könnte desillusionierend sein…
Nochmal Also…
Kondensatoren (Maßeinheit ist Farad, F – im Verstärkerbereich werden aber „nur“ Bruchteile davon verwendet: pF, nF, µF) sind leider nicht so „einfach gestrickte“ Bauteile wie Widerstände. Während es den Widerständen ja weitgehenst egal ist, ob sie mit Gleich- oder Wechselspannung umgehen müssen, ist das für Kondensatoren von elementarer Bedeutung:
Für Gleichspannung ist ein Kondensator einerseits ein schier unüberwindbares Hindernis, andererseits auch ein Energiespeicher. Diese Eigenschaften werden auch in der Verstärkertechnik eingesetzt: einmal, wenn Koppelkondensatoren die Gleichspannung der Vorstufe abblocken müssen, anderseits werden sie als Speicher im Netzteil verwendet.
So einfach, so gut. „Leider“ haben wir es in einem Verstärker aber auch mit Wechselspannungen (im weitesten Sinne) zu tun. Das Audiosignal ist nichts anders als eine Wechselspannung mit vielen unterschiedlichen Frequenzen.
Für Wechselspannungen hingegen ist ein Kondensator nahezu durchlässig – das allerdings (und jetzt kommt das vertrackte) abhängig von der Frequenz: Der Widerstand, den der Kondensator auch der Wechselspannung entgegensetzt (kapazitiver Blindwiderstand), ist umso grösser, je kleiner die Kapazität des „Kondis“ und je niedriger die Frequenz der Wechselspannung ist.
„Stabile“ Verhältnisse sehen irgendwie anders aus, oder?
Sind Kondensatoren für sich alleine schon „schwierige“ Gesellen, wird die ganze Choose noch komplizierter, wenn sie im Teamwork mit einem Widerstand arbeiten. Und das ist in einem Röhrenverstärker eher die Regel als Ausnahme und kommt besonders im Bereich der Koppelkondensator zum tragen (hier hat man es mit zwei Widerständen zu tun, die die Wirkungsweise des Kondensators beeinflussen).
Kurz dazu (es folgt da noch ein separater Artikel)…
Tagteam 1: Widerstand-Kondensator
Je grösser die Kapazität, desto länger braucht der Kondi um sich aufzuladen bzw. um die Ladung durchzureichen (Koppelkondensator). Erst bei ungefähr 60% Ladung, bequemt sich der Kondensator, die Ladung wieder abzugeben. Damit er sich aber überhaupt aufladen kann, ist es notwendig, dass ein Widerstand den Kondensator gleichspannungsmäßig vorspannt. Die Zeit, die der Kondi für die „Aufladung“ braucht, bezeichnet man als Zeitkonstante (griech. Tau, ?).
Tagteam 2: Kondensator-Widerstand
Der gleiche Kondensator des ersten „Tagteams“ kann noch so gut sein. Im Teamwork mit einem weiteren Widerstand der gegen Masse beschaltet ist (technisch gesehen ein Hochpass), beeinflusst diese Anordnung den Frequenzbereich des Verstärkers. Gemeint ist die untere Grenzfrequenz (fu).
Damit nun z.B. auch das Subcontra-C (16 Hz) ohne Abschwächung den Verstärker passieren kann, sollte die untere Grenzfrequenz sehr „grosszügig“ unterhalb von 16 Hz gelegt werden (was der Übertrager und besonders die Lautsprecher nun damit machen, steht auf einem ganz anderen Blatt). Ausserdem sollte der Kondensator bei solchen tiefen Frequenzen seinen kapazitiven Blindwiderstand nicht übermässig ändern.
Die Zeitkonstante und die untere Grenzfrequenz lässt sich wunderbar theoretisch berechnen und demnach wäre alles gut. Praktisch kristallisieren sich deutliche Unterschiede heraus, wenn statt „universelle“ Bauteile, „Spezialisten“ genommen werden, also Bauteile, die für den Audio-Bereich tauglich sind.
In der Realität gibt es solche strikte Trennungen der zuvor genannten „Tagteams“ nicht. Die drei Bauteile bilden eher ein „Dream-Team“.
Sämtliche Eigenschaften eines Kondensators sind übrigens bei einer Frequenz von 1kHz ermittelt. Sinus natürlich.