Netzteil-Getrickse

Witzigerweise habe ich so etwas von Bastlern – selbst mit nur rundimentären Kenntnissen – noch nie gesehen (hätte ich ja noch verstanden). Wohl aber bei Verstärkern – vornehmlich allesamt 211-, 845-, 805-Verstärker – aus fernen Ländern. Da sind auch „gut beleumdete» Namen dabei. Hier das Netzteil von so einem Namen:

netz5

Achtung: Was zunächst gar nicht so ausieht – es handelt sich hier nur um eine gepimpte Delon-Schaltung welches gerade mal eben so funktioniert.

Update 03.08.2020

Uuups…! Was für ein Fauxpas! Und das mir…
Das hat natürlich nix mit „Delon» zu tun. Das ist eine ganz normale Netzteil-Schaltung – nur etwas ungewöhnlich gezeichnet. So etwas findet man – ohne Serienschaltung der Kondensatoren – vorzugsweise im Netzteil von Halbleiterverstärker.
(Vielen Dank für das Brett-vorm-Kopf wegnehmen!)

Das mag legitim (wie bei „reines» Delon) erscheinen. Elegant ist (trotzdem) aber was anderes. Was spricht gegen einen komplett eigenständigen Netzteilzug? Das käme sogar billiger und hätte sogar einen dicken Vorteil: Bei einem guten Röhrenverstärker steht die Versorgungsspannung der Vorstufe wie ein Fels in der Brandung.

Fatal

Wie gesagt, funktioniert das eine Weile. Da üblicherweise zur Siebung Elektrolytkondensatoten (Elkos) eingesetzt werden, spielt der Verschleiss der Elkos nun eine grosse Rolle. Besonders, wenn „Delon» verwendet wird. Zur Erinnerung: Elektrolytkondensatoren (Elkos) sind Verschleissteile.

Durch die nun ungleichmässige Belastung wird mindestens ein Elko vorzeitig die Segel streichen. Gibt der Hersteller des Kondensators beispielsweise 5000 Betriebsstunden bei Maximalbelastung an, wird diese Lebenserwartung nun bei weitem nicht erreicht.

Wer derart im Netzteil herumtrickst, der spart auch an Qualität der Elkos. Je geringer die Qualität der Elkos, desto schneller sind die Segel gestrichen. Das ist schon fast eine Gesetzmässigkeit. Es gibt sogar Fälle, da wird quasi „Ausschussware» ein neues, teuer aussehendes, Kunststoffmäntelchen verpasst…

Alleiniger Grund für Derartiges kann nur sein, dass der Netztrafo schon pickepacke voll ist und keine entsprechende Wicklung mehr darauf passt (das ist sowieso schon bedenklich).

Ein grösserer Kern wäre zwar sinnvoller, aber auch (unwesentlich) teuerer. Und spätestens dann sind die Jungs von der Erbsenzählerabteilung zur Stelle…

Standfest sind solche Netzteile alle nicht und sollte nicht nachgeäfft werden. Nein, wirklich nicht.

Da mag auf dem Verstärkergehäuse güldene Buchstaben stehen, das Preisschild einen oberen vierstelligen Betrag aufweisen oder sogenannte Testberichte noch so verheissungsvoll klingen…

Das. Ist. Mist.

Zumindest im ersten Fall darf man nun doch von Pfusch sprechen. Was die P88-Monos betraf, da musste ich mir schon was einfallen lassen, um aus dieser krummen Nummer herauszukommen…

Fazit: Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domet. (§6 Rheinisches Grundgesetz)

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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