„Richtiges» PSE
In einem „guten» PSE-Röhrenverstärker sind nur die Anoden direkt parallel geschaltet. Alle anderen Elektroden separat, also getrennte Gridstopper – noch besser, wenn auch noch der Koppelkondensator aufgeteilt wird (macht weniger Ärger mit Mister Miller).
Dazu, je Kathode, einen (aufgeteilten) Kathodenwiderstand. Bei Pentoden kommt noch je ein Schirmgitterwiderstand hinzu. Was anderes sollte es nicht geben.
Und doch findet man Schaltungskonzepte, die ich persönlich nicht nachbauen würde. Mal werden alle Elektroden direkt miteinander verbunden, ein anderes Mal hat das Röhren-Duo zwar Gridstopper, aber einen gemeinsamen Kathodenwiderstand. Und dann finden sich auch PSE-Schaltungen mit EL34 in der die Kathodenwiderstände komplett fehlen, dafür aber allen Ernstes angeraten wird, zwei 220Ω-Schirmgitterwiderstände quasi „antiparallel» (ergibt so oder so immer 110Ω) zu verschalten.
Der Kathodenwiderstand (mal wieder)
Parallel Single-Ended wird häufig in Class-A realisiert (Self-BIAS). Und das heisst: Full power. In einer derartigen Röhrenschaltung muss zwangsläufig auch ein dicker Leistungswiderstand eingesetzt werden. Solche Widerstände sind dafür gebaut, ordentlich Leistung „wegzustecken» und brennen daher so leicht nicht durch. Die zusätzliche „Sicherungsfunktion» ist also nicht mehr gegeben!
Das finale Lebensende einer Röhre geht dann einher mit „kleinen» Showeffekten, oft auch mit Pyrotechnik. Man soll sich ja nicht auf Schmelzsicherungen verlassen, aber gerade bei Class-A Parallel Single-Ended können solche Sicherungen (Plural!) tatsächlich (vielleicht, hoffentlich) das Schlimmste (also den GaU) verhindern.
Generell gilt ja: Wenn etwas nicht stimmt oder anfängt aus dem Ruder zu laufen, macht sich das in den Ruheströmen bemerkbar. Bei einem gemeinsamen Kathodenwiderstand ist es da schwer zu erkennen, welche Röhre da anfängt herum zu zicken.
Getrennte Kathodenwiderstände können leistungsmäßig halbiert werden. Logisch, oder? Aus einem 40W-Kathodenwiderstand werden dann zweimal 20W. Und diese Leistung darf man – je Röhre – durchaus aus zwei 10W-Widerstände „herstellen» (parallel schalten). Und da kommen wir in einem Leistungsbereich, wo es auch „leicht durchbrennbare» Drahtwiderstände gibt.
Class-A vs. Class-A1
In Class-A1, also mit Ruhestromreglung, kann der Kathodenwiderstand leistungsmäßig noch niedriger ausfallen. Da sind fünf Watt schon sehr großzügig. Geeignete Widerstände, quittieren, wenn es sein muss, völlig unspektakulär ihren Dienst.
Gerade in Parallel Single-Ended sollte man also doch mit einstellbarem Ruhestrom arbeiten, also Class-A1. Das ist die einzigste Möglichkeit, unterschiedliche Ruheströme (Toleranzen, Alterungsprozess) auszugleichen und bringt noch so nebenbei drei weitere Vorteile mit:
Es ist schonender für die Röhren, ist eine Art Anti-Pyrotechnik-Versicherung und es macht sich bemerkbar in der Jahresendabrechnung des Stromlieferanten.
Übrigens…
Kollateralschaden bedeutet, wenn es Herr Murphy „gut» gemeint hat: Wirtschaftlicher Totalschaden (schweineteuere Röhren, aufgesprengter 50W Aluminium housed Widerstand, geplatze Elkos, defekter Übertrager) und einen sehr zerknirschten Ex-PSE-Besitzer.
Neue Endröhren
Da man mit dem Parallelschalten von Endröhren eine „neue» Röhre „generiert», kann man ja mal versuchen, wie es klingt, wenn eine 300B mit einer EL34 oder KT88 verschaltet wird. Was sich zunächst etwas wirr anhört, gibt es tatsächlich. Das klangliche Ergebnis ist durchaus interessant.
Auch eine 6AS7G deren einzelne Triodensysteme mit je einer EL34 oder EL504 (!) parallel geschaltet werden, darf man „riskieren». Bei solchen Experiementen gibt es eigentlich nichts, was nicht geht. Das funktioniert mit Class-A1 wunderbar.
Nur auf Eins hat man dabei zu achten: Die beiden Röhren müssen sich in etwa auf gleichem Betriebsspannungs-Niveau bewegen und man sollte den Röhren Zeit geben, sich erst „warm zu machen», bevor die Anodenspannung dazu kommt.