Die Ansteuerung über das Schirmgitter („Schirmgitter-Modulation») hat heute wohl jeder im Kopf, der mit den „ominösen» Fernseher-Röhren EL509 / 519 o.ä. einen Röhrenverstärker – meist Single-Ended – zu bauen gedenkt.
Schirmgitter-Ansteuerung – ohne diese Technik scheint es gar nicht anders zu gehen. Das ist – natürlich – ein Trugschluss. Natürlich geht das anders – spielt hier aber keine Rolle…
Die „netten» Eigenschaften derartiger Röhren habe ich an verschiedenen Stellen bereits erwähnt.
Eigenschaften, die auch die Funkamateure zu nutzen wussten. Anstatt eine teuere Sendetriode (mit ähnlichen oder besseren Eigenschaften), war die Verwendung einer billigen Pentode sehr reizvoll. Man musste sie „nur» richtig beschalten.
Eine Pentode für Hochfrequenz einzusetzen, ist nämlich nicht unbedingt der Bringer. Es sei denn, man funktioniert die Pentode um zu einer Triode. Dann sind mit einer einzigen EL519 – im „Eintakt» – weit über 50W HF-Leistung möglich.
Schirmgitter
Dieses Gitter hat mehrere Aufgaben zu erfüllen. Unter anderem dient es auch als „Hilfs-Anode» und trägt somit zur „Leistungssteigerung» bei.
Damit die Pentode / Tetrode richtig funktioniert, muss dieses Gitter immer auf ein positives Spannungspotential liegen. Bei fehlender, zu niedrige oder zu hohe Spannung funktioniert die Pentode nicht oder nicht richtig.
Nur der Vollständigkeithalber: Das Steuergitter benötigt immer einen negativen Spannungsbezug.
Die Sache mit der Schirmgitter-Steuergitter-Spannung ist allerdings „nicht ganz» richtig. Damit das nun nicht ausartet, soll es hier dabei bleiben.
Die EL519 (nebst ihrer Verwandten) mag eine robuste Amazone sein. Zur Mimose wird sie aber, wenn es um das Schirmgitter geht. Die Grenzwerte aus dem Datenblatt (Volt, Watt) sind keine Empfehlung. Das ist Gesetz.
Damals…
Bis weit in die 1950er Jahre hinein, war entweder die 807 oder die 6L6 die Leistungsröhre schlechthin. Leistung – nichts anderes zählte.
Speziell die 807 war / ist ein Universalgenie und wurde auch in der HF-Technik (!) eingesetzt – hat(te) also von Haus aus ein paar entsprechende Eigenschaften.
Anleihen aus dem HF-Bereich hat es in der NF-Technik immer schon gegeben. Nur diesmal ist das genau umgekehrt. Hier als Beispiel mit der 807 in Class-B von etwa 1950. Diese Betriebsart hat zunächst nichts mit „modernes» HiFi zu tun. (Bild: „Ausgeborgt» von Lilienthal Engineering)
Class-B hiess seinerzeit zunächst „maximale Leistung um jeden Preis». In diesem Beispiel sind es 100W – in „Normal-Gegentakt» wären es vielleicht 60W.
Auffällig nun: Sowohl Schirm- als auch Steuergitter werden parallel angesteuert.
Mit „normalen» Röhren hätte man sich diese hohe Leistung mit ganz viel Klirr erkauft. Die ebenfalls bereits erhältliche 6L6 wäre hier – auch wegen des Klirrs – gar nicht geeignet. Auch in Class-B sollte man mit dem Klirr nicht übertreiben.
Die einhundert Watt hätte man auch anders erreichen können. Nur wäre das zu teuer geworden. Nichts anderes!
Noch „Damaliger»
Diese Schaltungsart geht zurück auf die sog. „Zweigitter-Röhre». Diese ist ähnlich einer Pentode, es fehlt jedoch das Bremsgitter – also eine waschechte Tetrode.
Der Begriff Tetrode ist jetzt nicht zu verwechseln mit der Beam Power Tetrode, zB. 807, 6L6, 6550, EL519, KT88… Hier existiert ja so etwas wie das Bremsgitter (g3).
Der „älteste» Hinweis (nämlich von 1932) ist die Beschaltung mit der 46 von RCA. Schaltungsprinzip entnommen aus dem Datenblatt.
Zu spät erfunden wurde die 46, um eine höhere Ausgangsleistung in Gegentakt zu erzielen. Hierzu wurden Steuergitter und Schirmgitter gleichermaßen angesteuert.
So einfach diese Schaltung nun aussieht, sie hat eine kleine Überraschung in petto. Dazu vorerst nur soviel, dass es sich hierbei auch um eine klassische Null-Volt Technik handelt…
Diese „Zweigitter-Röhrentechnik» ist nur zur (möglichst „sauberen») Leistungssteigerung erfunden worden. Zu nichts anderem. Bei der späteren Nutzung stand auch genau das im Vordergrund: Möglichst billig viel Leistung zu erzielen!
Die „Zweigitter-Röhrentechnik» geriet schnell wieder in Vergessenheit. Die Funkamateure erkannten das Potential und nutzten es. Bis heute, übrigens.