Ave SRPP!

Ac semper allicit SRPP?

Die Eigenschaften „niedrige Ausgangsimpedanz», „klirrarm» und „hochverstärkend» verführen deshalb dazu, immer und überall, „mal eben», eine SRPP einzusetzen. Nicht beachtet wird, dass die positiven Eigenschaften nur dann erreicht werden, wenn die zuvor genannten Bedingungen erfüllt sind. Und zwar alle!

Bei den heute handelsüblichen Röhrenverstärkern zeugt der Einsatz einer solchen Schaltung aber oftmals nur von Unkenntnis dieser Röhrenschaltung. Sicher, die Schaltung funktioniert. Irgendwie. Und das noch meist über einen längeren Zeitraum. Verstärkung macht die Schaltung auch. Aber es ist eben nicht so, was SRPP ausmacht: Diese Schaltungen „kreischen» und produzieren das, was bei SRPP eigentlich verpönt ist: Kling-Klang! Vornehmlich mit ungradzahligen Oberwellen durchsetzt.

Damit das „Kreischen» nicht ganz so auffällt, setzt man eine frequenzabhängige Gegenkopplung ein, die das Schlimmste dann abmildert und wie eine starke Schmerztablette wirkt. Dies dann noch meist im Teamwork mit einer kräftigen Spannungsgegenkopplung, um die Verstärkung (nebst negative Begleiterscheinung) zu zügeln.

SRPP Flickschustereien

Während „normale» Röhrenschaltungen ziemlich gutmütige Schaltungen sind, denen 10% oder 20% Toleranz nichts ausmachen, reagiert die SRPP wahnsinnig empfindlich auf geringste Unterschiede.

Ⅰ.
Unterschiedlich hohe Widerstandswerte, wobei der obere Kathodenwiderstand meist einen wesentlich höheren Wert aufweist.

Eine ungeeignete Röhre. Manchmal findet sich eine 12AX7 (ECC83) in der Vorstufe eines Röhrenverstärkers. So eine Triode kann zwar eine hohe Verstärkung produzieren – die einzelnen Triodensysteme weisen aber geringfügige kapazitive Unterschiede auf.

Dem unteren Kathodenwiderstand wird ein Kondensator (Elko) parallel geschaltet. Dieser Kondensator dient nur dem Zweck, die Verstärkung brutalstmöglich zu erhöhen. Ade Klirrarmut. Bedingt durch den Elko neigt diese Schaltung dann auch zum Schwingen und um das abzustellen greift man zur Gegenkopplung… In einer durchdachten SRPP wäre dieser Elko gar nicht nötig, zumindest aber nicht mit einem so hohen Kapazitätswert.

Ⅱ.
Die Betriebsspannung wird aus dem Versorgungszweig (mittels CRC-Siebkette) der Endröhren entnommen und dazu noch unzureichend gesiebt.

Damit „wackelt» nicht nur die SRPP (und in Gegentaktverstärker auch noch die Phasenumkehr). Man sieht das zB sehr gut am Oszilloskop: Die Sinuswellen „schwimmen».

Vielfach ist die Versorgungsspannung auch zu hoch gewählt. Spannungen von über 300 Volt sind in den seltensten Fällen notwendig. Lässt sich die Versorgungsspannung dazu noch allzu sehr von einer SRPP-Schaltung (unterschiedliche Röhren) beeindrucken, ist es ratsam, SRPP ad acta zu legen.

Ⅲ.
Irgendwelche „Schüttgutröhren» werden irgendwie zusammengeschaltet. Oftmals ist es eine 6N1 (ohne P) die irgendwie als SRPP arbeitet. Eine 12AT7 (ECC81) in die unveränderte 6N1-Röhrenschaltung einzuflanschen, bringt zwar einen hörbaren anderen Klang – ob es aber über einen längeren Zeitraum gutgeht, steht auf einem anderen Blatt. Besonders dann, wenn die Versorgungsspannung weit über 180 Volt liegt (Es sei denn, die 12AT7 ist gar keine 12AT7…).

Ⅳ.
Eine SRPP arbeitet nur gut, wenn sie niederohmig angeschlossen wird. In vielen industriellen Röhrenverstärkern findet man eine (verhunzte) SRPP die auf eine 08/15 Phasenumkehr (Phase splitter, z.B. Long Tailed Pair) arbeitet. Die Eingangsimpedanz dieser Stufe ist aber nun wirklich nicht als niederohmig zu bezeichnen…

Ⅴ.
Billige Widerstände und billige Koppelkondensatoren machen die Schaltung zwar noch billiger – aber eben mit den Effekten wie Rauschen und manchmal auch eine erhebliche Temperaturdrift.

Die Widerstände sollten wirklich aus der 2W-Klasse kommen und zudem geringste Toleranzen aufweisen. Fünfzig Ohm Differenz sind nicht akzeptabel! Die 2W-Klasse ist deshalb anzuraten, weil das Eigenrauschen der Widerstände hier nicht ins Gewicht fällt. Theoretisch reichen hier auch die üblichen 0,6W Metallschichtwiderstände – dann hat man jedoch sofort die Rauschproblematik und evtl. eine thermische Drift „am Hals».

erstes Fazit

Sooo billig ist SRPP also nicht! Allein der Aufwand, den man für das Netzteil betreiben muss, weicht von üblichen Netzteilen ab. Mit einer einfachen CRC-Siebung, wie man sie oft in Vollverstärkern findet, kommt man nicht weit.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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