805-Röhrenverstärker „Transmitter“

Ist das Satire?

Und dann war da noch der Öltank als Koppelkondensator zur 6L6GC. Lustig. Warum sich jetzt noch wegen „Klangeigenschaft» den Mund fusselig reden…? Steht doch drauf.

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Und jetzt bitte genau die Schreibweise beachten. Die ersten drei Buchstaben sind wohl nicht ganz ohne Grund hervorgehoben…

Schluss mit Lustig. Raus damit. Aber ganz flott. Wegen starken Verdachts des – besonders unter Kennern sehr geschätzte – audiophilen Inhaltsstoffes Polychlorierte Biphenyle. Gilt übrigens oft auch für die meist grünen Zylinder russischer Herkunft. Man kennt das ja: Lieber billig vertickern als teuer entsorgen… Was weg ist, ist eben weg. Habe ich mir dann auch gedacht und dieses Dreckszeugs stante pede den Entsorgern von der Abteilung Giftmüll überlassen. Mensch, was haben die sich gefreut…

Nebenbei: Ähnlicher Sondermüll wird immer wieder angeboten. Nur die Wenigsten wissen, was man sich damit in’s Haus holt. Meist russischen Ursprungs aus den 1990’er Jahren. Also ganz was „feines» mit längst überschrittenem MHD. Sicher, solange das noch gut verkapselt ist, besteht kaum eine Gefahr. Aber die „Verkapselung» hält nicht ewig. Irgendwann werden die Dinger undicht. Das „feine Zeugs» wird ja nicht ohne Grund „ausgemustert»…

Der Vollständigkeithalber muss gesagt werden, dass „moderne» Öl-Kondensatoren kein PCB oder Ähnliches mehr enthalten.

Schaltungs-Details

Der ASL-Schaltplan stimmte mit der Realität so im Grossen und Ganzen überein. Nichts besonderes. Wie aber später festgestellt wurde, gab es deutliche Diskrepanzen bei den Spannungsangaben bzw. Messwerten. Überraschenderweise war allerdings die DHT-Heizerei mit 10V eine Punktlandung.

Die pfiffige Einschaltverzögerung wirkt sich auf die 805 sehr deutlich Lebensverlängernd aus: Erst in Ruhe aufheizen lassen, dann kommt nach etwa 30 Sekunden die Betriebsspannung dazu – die sich hier aus zwei gleichgerichteten Teilspannungen zusammensetzt. Soweit, so normal.

Das Pfiffige: Während des „Vorglühens» wird ein positives Spannungspotential für die Anode aufgebaut. Die Anode hängt also nicht in der Luft! Ein Grund ist, die Glühkathode während des Aufheizens nicht zu „vergiften». Bei DHTs liegt das im Bereich des Möglichen. Mag hier übertrieben sein, zumal ja schon mit knapp 20mA etwas Gitterstrom fliesst. Falsch ist es aber auch nicht… Anders aber, als im Schaltplan dargestellt, wird auch der Spannungszweig für die Vorstufe zeitverzögert hart zugeschaltet.

Und genau das sorgt dann auch nach 30 Sekunden für ein dumpfes „Wumpf» aus den Lautsprechern. Also muss die Einschaltverzögerung „aufgewertet» werden. Ganz unterdrücken lässt sich das aber nicht. Was mich betrifft, ich könnte da gut mit leben: Akustisches Signal für „Let’s Rock’n’Roll».

Revision in Steno

Lüftung, Gridstopper (wird immer wieder gerne „vergessen»), Koppelkapazität, Gegenkopplung, zusätzliche Folienkapazitäten im Netzteil, Symmetrierwiderstände Vor- und Treiberstufe, verdoppelte Siebkapazität für die 805-Heizung.

Entstörmaßnamen am Netzschalter sowie am Relais. Last but not least: Zwei Schmelzsicherungen im Netzteil (je 500mA träge). Der Schutzleiter führt nicht mehr über’s Gehäuse, sondern über entsprechende Aderleitung zum niederohmigsten Punkt (!) in der Schaltung.

Apropos Lüftung

Mache ich auch kurz: Oben musste der Zierring, der die 805 umgab, entfernt werden, damit später die heisse 805 (etwa 220°C) Luft aus dem Inneren „absaugen» kann (Kamineffekt). Eine weitere beachtliche Wärmequelle im Inneren war übrigens der 20W-Hochleistungswiderstand. Nach 10 Minuten kann man sich Brandblasen abholen, wenn man so etwas mag.

Aus diesem Grund musste auch die Elkobatterie inspiziert werden. Bei dieser Gelegenheit kamen dann auch die Eisenpakete (Netztrafo, Übertrager) zum Vorschein. Heisst andersherum: Müssen die Elkos ausgewechselt werden, wird das eine Grossbaustelle.

Lüftung. Wenn’s oben hinausströmen soll, muss von unten was nachkommen. Nur wie, ohne Löcher? Der gewünschte Kamineffekt kommt so also gar nicht zum tragen. Also Löcher bohren. In Stahlblech! Meine Begeisterung… Grenzenlos.

Selbstkritisch sei gesagt, dass das Ergebnis nicht mit „sehr gut» zu bewerten ist. Eher ein „ausreichend», mit zugedrückten Hühneraugen vielleicht noch mit einem „plus». Zumindest dem Brandblasen-Generator „umweht» nun ein laues Lüftchen.

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frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen.Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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