Abgleich
Bereits bei den ersten Messvorgängen zeigten die „neuen» Transmitter am Oszilloskop eine völlig übertriebene „Spritzigkeit». Das braucht man nicht gegen zu hören. Grund: Sowohl die 6L6GC als auch die 805 standen gut unter Dampf (Ruheströme). Etwas weniger tut’s auch. Statt 140mA für die 805, nunmehr 120mA Ruhestrom. Statt knapp 50mA bei der 6L6GC nunmehr 35mA.
Die Abstimmung der neuen, umschaltbaren, Gegenkopplung war ein Kapitel für sich. Zwei Dinge mussten dabei berücksichtigt werden: Lautsprecher und den Verstärker an sich, der ja eine Endstufe sein will… Aber heutzutage nicht ist. Zwei Volt Input liefert jeder gute CD-Player.
Eine erste Messsung: Knapp 40W Sinus an 8Ω. Weiter geht’s nicht. Nur mit Ach und Krach könnte man das noch auf 45W aufrunden… SNR nunmehr etwa 76dB. Beim Klirr wird’s interessant: An 8Ω 1W etwa 0,25%, 5W rund 0,7%. Frequenzgang ist dem Zwischenübertrager geschuldet: bei 1W 18Hz bis 40kHz (-1dB), 5W 22Hz bis 35kHz (-3dB).
Musik
Was soll ich sagen? Nach dem „Wumpf» ist da einfach nur Musik. Aber wie…! Da geht die Luzie aber ab. Kein Brumm, kein Rausch – obwohl „Unmengen» an „rauschenden» Kohlewiderständen verbaut wurden. (Update: Das „Wumpf» wurde erfolgreich eliminiert! Nur das Klacken der Relais ist noch zu hören.)
Mit einer unverschämten Blasiertheit liefern die Transmitter einfach. Wenn gefordert, stellen die einen knochentrockenen Bass hin, dass einem Angst und Bange wird. Und schnell sind die Dinger… Klanggewitter und abgesoffene Feinheiten? Haha! Nix da. Das können die Triebwerke auch. Chimes etwa, die sich wie Glitzer über das Klangspektakel legen. Die verschiedenen Techniken, wie man die Saiten eines Bassgitarre „bedient»… Null Problemo, wie mein Freund Alf sagen würde.
Ganz ehrlich? So manchen Röhrenverstärker (meist aus der „Bling-Bling Oberliga») muss man erst einmal dazu „zwingen», so zu klingen wie sich ein Röhrenverstärker „anhören» soll.
Risiken & Nebenwirkungen
Man sollte sich im Klaren sein, was man sich mit diesen Transmitter-Monos in’s Haus holt! Um bei Autos zu bleiben: Das ist keine superweich gefederte Eierschaukel für alte Herren, die’s mit dem Rücken haben. Das straffe Sportfahrwerk lässt die Beschaffenheit der Strasse gut spüren. Nicht jedermans Sache, also nur für Männer ohne Nerven (Youtube-Link). Von besonderer Wichtigkeit ist, falls ich es noch nicht erwähnt haben sollte, der Lautsprecher.
Anti-HiFi ist das eigentlich. Vielleicht ist das auch mehr HiFi, als so manch anderer Schöngeist abliefert. Krachendes Gewitter oder Blubberbass, triefendes Schmelz oder Feenstaub gibt’s nur, wenn das auch so angeliefert wird.
Trotzdem sind die Transmitter alles andere als frigide (geworden). Ein unerklärlicher Zauber entsteht mit dem russischen 6L6GC-Derivat 6P3S. Was wiederum nicht heisst, dass da Honig um’s Maul geschmiert wird. Irgendwas haben die Russen da früher in die Gläser hinein getan…
Vielleicht sollten die das weiterhin machen. Das war nämlich gut. Was man da jetzt macht ist doch einfach nur Bullshit. Kindergarten-Kacke. „Buäh! Der spielt in meinem Sandkasten…» (Sorry, ich konnte es mir nicht verkneifen.)
Transmitter: Behind the Scenes
Von Antique Sound Labs gab es zwei 805-Röhrenverstärker: Den Explorer 805DT und den MG-Power 805. Unterschiede gab’s im Netzteil und in der Betriebsart der 6L6GC (Class-A beim Explorer, A1 sowie fehlende Übertrager-Gegenkopplung beim Power-Modell). In späteren Modellen wurde der „Ruhestrom» der 805 digital (7-Segment Anzeige) statt analog mit Zeigerinstrument angezeigt.
Eine Besonderheit sind die „späten» Modelle, bei denen man fünf statt vier Trafohauben erkennt. Hier versteckt sich eine sog. Parafeed-Schaltung. Der grosse Schwachpunkt ist, das nur nebenbei, (immer) dieser sog. Parafeed-Kondensator. Auch die im Netz noch abrufbaren „Testberichte» beziehen sich auf die Parafeed-Schaltung.
Und nun – wirklich ausnahmsweise – lasse ich mich zu dem Begriff „selten» hinreissen, denn soviele (funktionierende) Transmitter oder Explorer-805DT dürfte es wohl nicht (mehr) geben. Ein Umbau auf „Echt-Shishido» habe ich mir wegen der Qualität des Zwischenübertrager verkniffen. Ende.
Äh… Moment noch: Für die „TubeRolling-Fetischisten» sind diese Monos nix. Die bringen es glatt fertig, anstatt der 6L6GC eine EL34 oder eine „Ach-wie-hübsch-KT66» einzuflanschen. Datenblatt, sage ich nur. Immer auf Seite 1. Zumindest wird’s immer an erster Stelle genannt.
Die „Electron Tube» 805A (Shuguang) kommt ohne güldenes Bling-Bling daher. Geniesst aber einen sehr guten Ruf. Gibt’s leider nur noch als (preiswerten) Restbestand. Dürfte hier kein Problem sein: Diese Kisten werden mit „Ersatzreifen» geliefert, die vorläufig auch nicht aufgezogen werden brauchen, denn die gut zehn Jahre alten 805 haben noch gutes Profil.
So. Nach nun gut einem Jahr können die Transmitter wieder auf die Piste. Ich werde die Kisten vermissen…