A880-RöhrenMonos

Aufgabe

Einfach mal durchsehen und ggf. reparieren. Auch ist, nach Meinung des Neu-Besitzers, wohl der „Emotions-Generator“ kaputt – das muss auf jedenfall funktionstüchtig gemacht werden. Oder, um es mit den Worten des Besitzers zu sagen: Diese Röhrenverstärker sollen für „Pipi in den Augen“ sorgen…

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Customize

Bevor im A880 herumgelötet wird, wird ersteinmal eine praktische Werkstatt-Lösung gefrickelt: Einen „passiven“ Vorverstärker, nämlich. Also ein Lautstärkeregler mit Cinchanschlüssen. Das Ganze wird dann weniger hochtrabend in einer Baumarktüblichen Feuchtraum-Abzweigdose verpackt. Nicht schön, aber selten und vor allem funktionell.

Da der Besitzer über starke Lautsprecher verfügt, kann man sich ja mal dem Grundgedanken von Ultralinear beschäftigen. Also so, wie sich das Hafler & Kereos etwa 1950 einmal vorgestellt hatten.

Dazu wird der komplette Eingangsbereich „umgestaltet“ und lassen die 12AX7 nun auch richtig arbeiten. Die maximale Lautstärke wird dabei mit einer „Pseudo-Pegelstellerfunktion“ auf rund 80% festgelegt, also etwa in der Gegend „Clippinggrenze“. Gleichzeitig wird die Eingangsimpedanz gesenkt. Da die 12AX7 nun ja eh richtig arbeiten soll, war das sowieso unumgänglich.

Der direkt angekoppelte Phase-Splitter wird auf „Standard“ zurückgetrimmt. Der Impedanzwandler bleibt dagegen unangetastet.

Die Beschaltung der KT88 wird allerdings komplett angepasst. Auch die blöden Kathodenwiderstände werden ersetzt. Zwangsläufig, denn in einem Mono war ein Kathoden-Widerstand defekt und in dem anderen Gerät waren zwei Widerstände nicht mehr ganz bei der Sache. Äusserlich war der defekte Widerstand übrigens nur durch ein kleines, unscheinbares, Brandloch erkennbar.

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Eingangsempfindlichkeit

Für Vollaussteuerung sollten ursprünglich 750mV am Cincheingang ausreichend gewesen sein. Das ist knapp am alten Normpegel (775mV) vorbei. Ein derartiger Pegel übertrifft heute aber jeder CD-Player.

Und mein PasAk-PhonoPre (der übrigens begeistert nachgebaut wird) würde die Monos locker auf maximales Watt treiben. Die 12AX7 war aber alles andere als hochverstärkend beschaltet, weshalb man die 750mV anzweifeln darf.

Nach meinen Messungen kam man mit 750mV nicht auf die Maximalleistung. Um die A880 wirklich voll auszufahren, musste am Eingang deutlich mehr Pegel hineingesteckt werden: Nämlich rund 2V. Das passt eher zu einer Endstufe.

Heizung symmetrieren und die Umschaltmimik (Trioden- / Ultralinearmodus) deaktivieren und gut ist. KT88 einsetzen und auf 40mA abgleichen. Mehr geht nicht.

Denn alles darüber hinaus lässt die PTC-Sicherung ansprechen, die bei Erwärmung schnell sehr hochohmig wird und damit den Stromkreis quasi unterbricht. Die vorherige Beschaltung war (wie vermutet) demnach eher auf „Lautsein“ ausgelegt und nicht auf Ultralinear nach Hafler & Kereos.

Messtechnisch ergibt sich nun rund 65W an 8Ω bei 2V Input. In Ultralinear. Mit KT88. Da am Eingang der „Pseudo-Pegelsteller“ die Maximalleistung auf 80% begrenzt, lässt sich auf eine messtechnische Leistung von etwa 80W an 8 Ω hochrechnen. Das geht für vier KT88 in Ultralinear vollkommen in Ordnung.

Ergebnis

Ein äusserst lebendiger Gegentakter ist das geworden. Donnerwetter. Da mir das Gen zur Klangbeschreibungen fehlt, würge ich mir da auch nichts zurecht.

Das, was man von zwei parallel geschalteten KT88 erwarten kann, hört man. Deutlich. Sehr deutlich. Auch wenn mit moderater Lautstärke abgehört wird, lassen die A880 kein Zweifel aufkommen, dass sie noch etwas in der Hinterhand haben…

Frau Hart und Herr Bonamassa, beispielsweise, spielen von der Live-Konserve (Live in Amsterdam) die Etta James Gedächtnishymne „I’d rather go blind“ so dermaßen „gefühlsecht rotzig“, das einem die Spucke wegbleibt.

Auch das „restliche“ musikalische Testprogramm bestehen die A880-Monos mit Bravour. Musikalische Gemeinheiten lassen die A880 relativ kalt – nicht aber die Membrane der Lautsprecher – um die ich bei Frank Fischer fürchten musste. Staub ist da auf jedenfall nicht mehr…

Wobei… Der Vorverstärker hat da natürlich auch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, wie es insgesamt klingt.

Ach ja, die Sache mit dem Asia-Import: Das bezieht sich nur auf die Netzspannung von 220V. „Unsere“ Netzspannung von 230V verkraftet der Netztrafo aber ganz gut. Die sekundären Spannungen sind exakt da, wo sie sein sollen. Besonders die Heizspannung. Betrachtet man sich das nachträglich aufgepappte CE-Zeichen (Europäische Anforderung), dann könnte man vermuten, dass damals der Export (in allen Belangen) einkalkuliert wurde.

Ob nun beim Besitzer „Pipi inne Augen“ tritt, kann ich nicht sagen. Bei uns bescherten die Monos zuverlässig Tüttenfell (Sie finden die betreffende Stelle schon…).

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen.Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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