Alles prima, Luna?

Der PrimaLuna Prolugue, mit seiner „vollautomatischen» Ruhestromregelung, scheint sich grosser Beliebtheit zu erfreuen. Weil man nämlich in den Endröhrenfassungen alles hineinstecken kann, darf oder soll, was einen Oktalsockel besitzt. Das „Automatic BIAS»-Gedöns „regelt» das schon. Er ist vor allem wegen des „Sale»-Preisschildes ein „Hit». Also alles prima. Oder?

Für den technischen Laien und dem „Röhrentauscher» sind das geradezu paradiesische Zustände. Bei den (technisch) Kundigen wird die Stirn in sehr runzlige Falten gelegt. Ja, wenn man Kompromisse machen und mit Kompromissen leben kann, dann geht das durchaus. Nur richtig Spass wird das nie machen – irgendetwas wird immer nicht ganz rund laufen…

Tja, und genau deswegen schlug der Verstärker hier auf. „Et löppt eets nich rund. De Mitten bünt en bietje plörig…»

Ein „bisschen» dünne Mitten, also. Soso. Nachdem die Sache mal testgehört wurde, konnte man sich des Eindrucks einer „Soundmaschine» nicht erwehren. „Oben» war einfach „zuviel» da. „Unten herum» wummerte es eher konturlos. Fairerweise sei gesagt, dass ich, was präzise Bässe, glockenklare Höhen, ausgewogene Mitten und Dynamik betrifft, von meinen 509-Eintakter (im Teamwork seit kurzem mit Fostex-Breitbänder) ja sehr verwöhnt bin. Aber dieser Gegentakter sounded schon sehr stark. Das geht besser.

Röhrenbestückung übrigens: 12AX7 (ECC83), 12AU7 (ECC82) und KT88 von New Sensor, Marke Genalex. Über Genalex kann man alles sagen, aber „schrottige» Röhren sind das ja nicht gerade.

primaluna-prologue

Prolog

Schaltungstechnisch ist dieser PrimaLuna-Verstärker ein simpler Gegentakter in Ultralineartechnik. Die Triodensysteme der 12AX7 sind parallelgeschaltet und gehen gleichspannungsgekoppelt auf die 12AU7, die als „Phase Splitter» (Phasenumkehr) arbeiten. Über einen Koppelkondi geht es dann zur KT88. Das war’s.

Die KT88 sind hier über den typischen Schirmgitterwiderstand in Ultralinear beschaltet. Also zu einer Übertrager-Anzapfung. Damit sollen dann etwa 40W erreichbar sein. Frequenzgang etwa 20Hz bis 30kHz (gemessen an den Übertragern darf man das lobenswerterweise als Ehrlich bezeichnen).

Auch wenn es hierzulande so aussieht, als ob diese Verstärker neu am Markt ist – ist er nicht. Auch nicht in der dialogbasierten Form. In anderen europäischen Ländern sind diese Verstärker bekannt wie bunte Hunde. „Damals» (etwa 2005 bis vielleicht 2009) allerdings noch mit EL34 (!) bestückt. Und genauso alt sind die technischen „Dialoge» zu diesem Verstärker. Die Essenz der digitalen Kommunikation war, dass man sich der automatischen Ruhestromregelung am besten chirurgisch annimmt.

Hinter PrimaLuna steckt Zhuhai Spark Electronic Equipment Co. LTD. Jene chinesische Firma, die seinerzeit die „legendären» gleichnamigen Verstärkermodelle 530, 734, 765… auf den Markt brachten. Bis auf ein paar Spark-typische Schaltungs-Eigenarten „erweckten» sie einen „soliden» Eindruck. Diese typischen Schaltungs-Eigenarten finden sich übrigens in fast allen Modellen wieder, die die Endröhren in Ultralinearmodus beschaltet haben. Auch in (neueren) OEM-Geräten, weshalb bei einem Modell ja „klammheimlich» nach- bzw. umgerüstet (von Ultralinear- auf Pentodenmodus) wurde…

Die Werbeaussage, worin behauptet wird, dass man alles an Endröhren einflanschen kann, was in einer Oktalfassung passt, ist soweit nicht zu beanstanden. Bloss die Inbetriebnahme scheint gewagt… Wie auch immer. Auffällig ist, dass sich das „Tube Rolling» der Zeit anpasst: Machte man vor ein paar Jahren bei der KT88 Schluss, darf es heute auch KT100, KT120 und sogar die KT150 sein, die man „einfach so», einsetzen kann… darf…

Irgendein Händler verstieg sich sogar zu der Idee, dass man auch KT90 einsetzen könne, weil die ja der KT88 ähnlich sei. Da kann ich nur sagen: Viel Spass dabei. Wenn sich selbst Electro Harmonix (EH) in ihren sowieso schon mageren Datenblättern sehr schwammig gibt… Egal.

Schaltungstechnisch sind die verschiedenen Verstärkermodelle von PrimaLuna nahezu identisch mit dem TA30- bzw. TA35-Modellen. Die kleine Einschränkung „nahezu» erfolgt deshalb, weil es natürlich einen Unterschied gibt. Was mein (alter) Prologue betrifft, ist der Unterschied klein, fein, aber gemein…

Um das Gemeine zu finden, muss man noch ein Verstärkermodell heranziehen: nämlich den MT35. Ich bin nur durch Zufall darauf gestossen. Den Schaltplan hierzu kann man leicht finden. Hier interessiert nur das Netzteil. Genauer: Netztrafo, Gleichrichter und Ladeelko. Mehr nicht.

Verwirrend?

Keineswegs. Gegen derartige Praxis spricht nichts und ist betriebswirtschaftlich sinnvoll. Bei Spark ist das geradezu essentiell. Wie keine andere Firma vorher, erkannte Spark schon sehr früh den enormen Vorteil, wenn man das „Universelle» zur Firmenmaxime erhebt. Selbst OEM-Geräte können die Herkunft nicht verleugnen.

Und das nicht nur vom äusserlichen her. Auch technisch wird vieles auf „Universalanwendung» ausgerichtet. So beispielsweise die Übertrager und Netztrafos. Der Kostenfaktor schlechthin. Wählt man jedoch für die verschiedenen Schaltungen die „goldene Mitte», also „für alles passend», dann relativiert sich dieser Kostenfaktor.

„Kennste eine, kennste alle», ist daher von strategischer Bedeutung, wenn man einen Spark auf die Werkbank gestellt bekommt. Apropos Werkbank.

Frage: Woran erkennt man einen echten, freiverdrahteten, Spark?
Antwort: An dem Scheiss-Lötzinn.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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