Ampeg V4

Die Regler (Potis)

Diese Poti-Bauform gibt es in dieser Form auch nicht mehr (zumindest nicht zu einem vernünftigen Preis). Besonders das Doppelpoti für Distortion nicht. Das ist eine Spezialausführung a la Ampeg bestehend aus einer 1MΩ- und einer 100kΩ-Reglereinheit. Säubern, hegen und pflegen ist die Devise.

Update: Am besten man lötet die Potis aus und lässt den Potis einer „individuellen» Reinigungsprozedur angedeihen.

So mancher „Leistungsverlust» hat seine Ursache bei den Potis und bei Kondensatoren, die für die Klangreglung zuständig sind. Da bin ich auch schon einmal darauf hereingefallen. Auch hier also großzügig Widerstände (Carbon Composit) und Kondensatoren ersetzen!

Apropos Klangreglung: Auf der Regler-Platine findet sich ein „integrierter Schaltkreis». Zu einem einzigen Bauteil sind hier Widerstände und Kondensatoren zusammengefasst. Eine eingehende Prüfung ist anzuraten. Wenn man Pech hat, muss das Bauteil „diskret» nachgebildet werden. Das gibt es ebenfalls nicht mehr. Das Schaltbild hierzu:

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Dieser Netzfund empfiehlt mindestens gutes Vielschicht-Keramik bzw. gute MKT-Ware. Widerstände sollten dagegen Kohle- oder Metallschicht sein. Aufgrund der Position dieser Einheit empfehle ich, gutes Kondensatormaterial einzusetzen. Der empfohlene 470pF-Glimmerkondensator ist wirklich nicht falsch!

Testen & Messen

Die Versorgungsspannung steht. Alles im grünen Bereich. Das war’s.

Wirklich?

Wären jetzt schon die Endröhren eingeflanscht worden, hätten diese innerhalb kürzester Zeit rote Backen bekommen. Am Steuergitteranschluss war nämlich keine negative Spannung zu messen.

Es stellte sich heraus, dass die Sicherung im negativen Spannungszug (!) nicht mehr sichert. Wackelkontakt (Ja, wirklich). Hier wird kurzer Prozess gemacht: Ein Stück Kupferdraht sichert die Zufuhr von negativer Vorspannung nun auch unter rauhen, mobilen Bedingungen.

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Tipp!
Hat man einen Amp in dessen negativem Spannungszug sich eine Sicherung befindet – ’raus damit und durch ein Stück Draht ersetzen. Hier kann sich die Sicherungsabsicht ins Gegenteil verkehren und eine Schadenshöhe verursachen, die „mit ohne» Sicherung nicht passiert wäre.

Die Röhren werden bei Ausfall statt in Class-AB bzw. Class-B schlagartig in Class-A gefahren. Gerade in Gitarrenverstärkern bedeutet das: Schneller als man gucken kann, sind die „roten Backen» da und kurz darauf der Exitus.

Die oftmals eingebauten 1Ω 5W-Zementbunker im Kathodenkreis der Endröhren schützen da kaum. Derartige Widerstände sind dafür geschaffen worden, ordentlich „was zu verpacken». Das letzte Hinderniss zum GAU wären da entsprechende 2W-Drahtwiderstände. Auf die Schmelzsicherung im sekundären Stromkreis verlasse ich mich persönlich nicht (mehr).

Die Montageart des V4 relativiert das aber. Da die Röhren nach unten hängen und die Wärme-Emmision nach oben steigt, werden – wie erwähnt – alle Bauteile hübsch warm. Oben gibt es nichts, was die Wärme zuverlässig abführt. Bei einer solchen Montageart sollte man dann auf „einfache» Drahtwiderstände verzichten und tatsächlich bei den Zementbunkern bleiben.

Jetzt ist wirklich alles in Ordnung. Zumindest sind alle Spannungen in der richtigen Höhe und an den richtigen Stellen da. Aber…

Und wieder 7027A

Natürlich erweisen sich die JJ-7027A als „nicht ganz» das, was sie auf dem Glas vorgeben. Unter diesen Bedingungen stellen sich je Röhre rund 50mA Anodenstrom (also nicht Ruhestrom) ein. Ganz schön happig.

Wie hoch der Anodenstrom überhaupt zu sein hat, geht übrigens aus keinen Unterlagen hervor. Selbst für einen Class-AB Verstärker sind die gemessenen 50mA für derartige Röhren aber schon eine Nummer. Dementsprechend heiss wurden sie auch. In der relativ kurzen Zeit der Messwertaufnahme konnte eine Glastemperatur von etwa 170°C ermittelt werden… Erlaubt sind maximal 210°C.

Gehen wir also von einer maximalen Anodenverlustleistung von 30W aus (Datenblatt). Die 50mA Anodenstrom bedeuten dann, dass die Röhren mit nahezu 27W Anodenverlustleistung gefahren werden. Das ist selbst für einen Gitarrenverstärker dieser Art eine mehr wie „heisse Einstellung».

Kommt jetzt noch der Spannungshub bei Aussteuerung hinzu, werden die Röhren im Vierviertel-Takt überlastet. Um das zu vermeiden, hilft die grobe Pi-mal-Daumen Binsenweisheit (bezogen auf die maximale Anodenverlustleistung von 30W):

70% der maximalen Anodenverlustleistung ca.: 21W (heisse Einstellung)
60% der maximalen Anodenverlustleistung ca.: 18W (kalte Einstellung)

Wie man auf die aktuelle Anodenverlustleistung kommt, sollte bekannt sein. Wenn nicht, dann hat man die Griffel aus dem Verstärker zu nehmen!

Achtung: Für Gitarrenverstärker sind diese Werte eher etwas konservativ. Etwas (!) mehr darf schon noch.

Auf der eingangsseitig erwähnten Ampeg-Website findet sich der Hinweis, dass 6L6GC-ähnliche Röhren bzw. die JJ-7027A in diesem Fall zwischen 30mA und max. 40mA Anodenstrom gefahren werden sollten. Die JJ’s werden auf 35mA Anodenstrom eingestellt.

Und das ist nur mit einer gravierenden Änderung der Vorspannungs-Schaltung machbar (was eh empfohlen wird). Wenn eh schon eine (zwangsläufige) Schaltungskorrektur erfolgen muss, dann wird auf „regelbare» Vorspannung umgerüstet. So bleibt auch der Einsatz von vier EL34 oder zwei 6550 offen.

26.04.2018 Wichtiges update:
Sollte es plötzlich bei allen vier Endröhren zu einem Ausfall kommen, sind mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht die Röhren defekt. Verursacher dürfte die Diode D206 im Schaltplan sein, die als Sicherung fungiert. Hatte ich auch noch nicht…
Man darf (sollte) diese Diode etwas „großzügiger» dimensionieren.

Epilog

Zur Leistungsermittlung wird bei Gitarrenverstärkern auf einen „echten» Lautsprecher-Dummy gesetzt. Der sonst übliche 8Ω-Lastwiderstand wird hier unter bestimmten Voraussetzungen „unsichtbar» für den Übertrager – mit dann fatalen Folgen.

Neue Kondensatoren, neue Endröhren, neuer Betriebsmodus fordern ihren „Tribut»… Auch sollte klar sein, dass 100W – mit diesen Pseudo 7027A-Röhren – so nicht mehr zu erreichen sind, wenn man die Röhren nicht dauernd auswechseln will.

Mit anderen Röhren muss man schlimmstenfalls mit einem etwa 20%-tigen Leistungsverlust „leben lernen».

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen.Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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