DueVenti

Alles auf Anfang

Heisst: Zurückbauen, um überhaupt einigermaßen aussagekräftige Messwerte zu bekommen. Am Messplatz gab sich der DueVenti dann zunächst „unauffällig“. Beim durchorgeln waren die Signale am Oszilloskop zwar sauber, aber es schien, als ob der „ZweiVentiler“ meinte, ein Gegentakter sein zu müssen…

Das wollte gehört werden. Die in einem Testbericht von 2006 diagnostizierte „barocke Gangart“ kann ich bestätigen: „unten“ rummste und „oben“ schepperte es (wo es nichts zu scheppern gab). Dazu wurde es sehr schnell sehr laut. Zu laut. An 87dB-Regallautsprecher.

Proportional zur Lautstärke entwickelten die EL34 auch eine beachtliche Wärme…

Todo

Netzteil geprüft und wegen des kränkelnden Kapazitätsbombast umgebaut. Viel Kapazität hilft nicht viel und kann sich ins Gegenteil verkehren. Sicher, Eintakter benötigen „sauberen“ Strom, damit es im Lautsprecher nicht brummt. Aber nahezu 1000µF – in Teamwork mit einer Drossel – ist doch „etwas“ übertrieben. Eine einzige (!) Schmelzsicherung „sichert“ nunmehr die komplette Schaltung ab – also auch das Netzteil.

Die EL34 sind mit den strahlend-weissen Kathodenwiderständen zur sadistischen Sklavenarbeit verdonnert worden. Ich weiss nicht, wie man knappe 90mA Ruhestrom pro EL34 sonst nennen soll.

Auch wenn ich mich wiederhole: Diese Zementbunker-Widerstände sind, gerade in Class-A Schaltungen, brandgefährlich. Diese Widerstände können wirklich viel verpacken und „sterben“ in 99,5% aller Fälle in einer solchen Schaltung als letztes. Mit neuen Kathodenwiderständen (Draht) und neuen, temperaturfesteren, Elkos werden die EL34 zu einer deutlich gemächlicheren Arbeitsweise „aufgefordert“.

Die „Erfindung“ von Schirmgitterwiderständen darf man auch in Ultralinearschaltungen nutzen. Wirklich, das ist nicht verboten und zuweilen auch ganz nützlich. Hat man damit doch einen Schutz, wenn es dem Schirmgitter zuviel wird oder es sonstwie „randaliert“. Soll ja, wenn zwei oder mehr Röhren parallel geschaltet werden, durchaus vorkommen.

Apropos Ultralinear

Diese Beschaltung ist – grob gesagt – ein Zwischending von Trioden- und Pentodenmodus. Die maximale Leistung bekommt man aber nur im echten Pentodenmodus. Die annoncierten 20W pro Kanal sind im „ultralinearen“ Fall und bei „schonenden“ Betriebsbedingungen doch „etwas“ ambitioniert. Wenn man auf etwas Watt verzichtet, geht das bedeutend klirrärmer…

Eine Gegenkopplung galt mal als „extrem Böse“. Und es war hypermodern, Verstärker mit diesem nicht vorhandenem Attribut auf die Menschheit loszulassen. Nicht wenige Verstärker landeten nach kurzer Zeit in eine Werkstatt wo der kundige Techniker nicht nur den Schaden behob, sondern auch eine Gegenkopplung einarbeitete. Es gibt nur wenige Verstärker, die wirklich ohne Gegenkopplung sauber funktionieren.

Dieser DueVenti verweigerte ebenfalls die nützlichen Dienste, die eine Gegenkopplung anbieten kann, in Anspruch zu nehmen. Das ist mit der ursprünglichen Vorstufenschaltung auch nicht möglich. Deshalb mussten erst einmal die „Rahmenbedingungen“ für eine „dezente“ Gegenkopplung geschaffen werden. Heisst: Die erste Verstärkerstufe musste „umgebaut“ werden.

Warum Gegenkopplung? Weil sie, quasi als „Nebenwirkung“, auch die Eingangsempfindlichkeit weniger empfindlich macht. Dazu kann sie noch etwas schützend wirken (Leerlauf der Übertrager, Abmilderung einer Schwinggefahr).

Ein Wort zur Heizung der EL34: Auch wenn es anders aussieht, werden die EL34 alle aus einem Stromkreis mit Wechselspannung beheizt. Zur „Brummminderung“ wurde ein Heizanschluss direkt auf Masse gelegt. Das ist zwar Holzhammer, kann man aber machen. Solange die vier EL34 alle an Pin 2 (nur als Beispiel) auf Masse gelegt sind.

Bei genauerer Betrachtung der Platine fiel auf, dass die El34 des anderen Kanals die Masse auf den anderen Heizanschluss gelegt bekommen haben (hier also Pin 7). Damit sind also beide Heizungsanschlüsse auf Masse gelegt. Was bleibt denn anderes übrig? Leiterbahnen an den richtigen Stellen auftrennen und die Heizung mit 50Ω-Widerständen symmetrieren.

The End

Wie ich zu Parallel Single Ended und Class-A stehe, ist bekannt. Liebend gerne hätte ich ja jetzt noch gerne eine Ruhestromreglung eingebaut. Das war aus mehreren Gründen nicht möglich. Deshalb wird der Verstärker auch mit dem Hinweis, regelmäßig die Ruheströme kontrollieren zu lassen, retoure geschickt. Auf die Schmelzsicherung und die Drahtwiderstände allein würde ich mich nicht verlassen.

Die, vom Besitzer eingesetzten EL34 mit der BTB-Eigenmarke „S4A“, erweisen sich übrigens wirklich als selektiert. Muss man auch mal sagen.

PSE-Verstärker produzieren zwar mehr Leistung als reine Single-Endeds, „freuen“ sich trotzdem auf wirkungsgradstarke Lautsprecher. Konstruktionstechnisch sollte bei diesem Verstärker der Hoch- / Mittelton Lautsprecher „freie Bahn“ haben. An meinen Fostex-Kisten (mit FP203 Chassis, etwa 94dB) musste der Pegelsteller des FP17-Hochtöners etwas weiter aufgedreht werden, damit es rund klang.

Was am Messplatz und am Hörplatz geschieht, sind zwei paar Stiefel. Kurze Erkenntnisse:

In primo luogo: Der DueVenti will schon etwas Gas geben. Zur Hintergrundbeschallung taugt er nicht. Selten habe ich Röhrenverstärker gehabt, die – besonders im Hochtonbereich – auf verschiedene Lautsprecherkonzepte so unterschiedlich reagierten. Die Gegenkopplung desensibilisiert diesbezüglich etwas. Am besten scheint der DueVenti aber mit Breitbänder zurecht zu kommen, die mit einem „selbstbewussten“ Hochtöner daher kommen.

In secondo luogo: Den Frank Fischer lässt er einfach machen (das geht bei dem wirklich tief herunter). Sollte sich auf oder in den Fostex-Membranen Staub versteckt haben, ist der jetzt nicht mehr da. Trotz besorgniserregender Membranauslenkung (bei nur etwa 4 Watt) glockenklare Höhen. Schafft auch nicht jeder Eintakter.

In terzo luogo: Bonamassas Accoustic Event aus der Carnegie-Hall gerät wirklich zum Event. Nahezu jedes Detail ist hörbar. Das Cellospiel von Tinao Guo (Woke up dreaming) ist nicht nur eine Augenweide – man kann das Cello rein akustisch tatsächlich auch als solches identifizieren. Das Erhu (Drive) ist eigentümlich, kann aber durchaus Gänsehaut erzeugen.

In quarto luogo: Viel Spass.


Update 12.09.2017: Der Besitzer hat Spass. Viel.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen.Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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