L’Audiophile 300B

Spannendes

Am 380V Wechselspannungabgriff des Netztrafos angeschlossen, sollte sich nach Gleichrichtung und Siebung eine Leerlaufspannung von etwa 530V einstellen. Bis die 300B als Hauptverantwortlicher die Spannung (nach meinen Notizen) stabil auf etwa 410V bis vielleicht 420V absacken lässt, vergehen ein paar Sekündchen. Die 310A (noch dazu das Original) zählt als „systemrelevanter Spannungsvernichter» nicht.

Quizfrage nun: Was passiert mit den verbauten 400V-MKPs (einer davon diesmal als Ultrapath-Kondensator beschaltet), wenn die 300B komplett die Grätsche macht? Soll ja vorkommen… Alle L’Audiophile 300B-Schaltpläne gaben übrigens eine Spannungsfestigkeit von 500V bei den Siebelkos (Elkos!) vor. Zumindest das war / ist richtig…

Eine gewisse Überspannung können moderne Kondensatoren ganz gut wegstecken. Aber auch Folienkapazitäten bekommt man mit einer zu hohen Spannung kaputt. Und erst recht die alten Dinger…

Jetzt kommt’s

Die letzte Besonderheit. Wie gewohnt und auch aus meinen Notizen auch ersichtlich, wurde nach dem „Upgrade» schön brav an den 380V-Abgriffe des Netztrafos die Wechselspannung entnommen.

Mit frischen (!) Kondensatoren und frischen Widerständen wird nun eine Leerlaufspannung von fast 570V gemessen. Die Betriebspannung lag bei etwa 455V. Ruhestrom der 310A etwa 5mA (das Rechteck sah entsprechend scheusslich aus), bei der 300B über 85mA.

Was sagt nun der HighEnd-Fachmann dazu? „Muss so. Ist Original.» Ne, is klar. Und die Meinung des versierten 300B-Verstehers? „Hömma, da is abba’n bisken zuviel Schmackes. Leckomio, dat kannze nich so lassen…»

Ursache und Wirkung

Kontrollblick. Ja, auch im anderen, noch nicht umgebauten Monoblock, war die Hochspannung an den 380V-Abgriffen angeschlossen – was normalerweise auch richtig wäre, wenn… Ja, wenn der Trafo auf 230V bis 240V~ ausgelegt ist.

Produziert der 220V-Netztrafo bei der heruntertransformierten Heizspannung schon eine Überspannung, ist das bei der hochtransformierten Versorgungsspannung erst recht der Fall.

Wer auch immer das in diesen L’Audiophile 300B Monos zusammengebaut hat, er hatte genau dieses Detail nicht beachtet. Mit der Folge, dass mindestens ein Bauteil mit der Zeit schneller „alt» wird und die (eigentlich zu hohe) Betriebsspannung einbrechen lässt und somit dann noch eine zeitlang „Normalität» vorgaukelt. Sabbat am letzten ist, wenn’s anfängt „komisch» zu brummen.

Und nun? Klar, man könnte jetzt hingehen, dem Besitzer einen Vorschalttrafo vertickern, der die Netzspannung auf 220V heruntertransformiert. Bringt zuverlässig Umsatz. Oder man wählt die „Kostafastganix»-Methode und schliesst alles an den 330V-Abgriffen des Netztrafos an, die ja praktischerweise auch vorhanden sind und in diesem Fall ja eben nicht 330V liefern, sondern nahezu 370V.

Damit kommt es dann zur Punktlandung. Betriebsspannung ca. 410V, Ruheströme 300B rund 70mA, bei der PSvane-310A gut 3mA.

bild03

Hinweis: Der 20µF-Ladekondensator (WIMA DC-Link) ist nach Datenblatt völlig richtig. Auch im Hinblick, dass da eine 5U4G (5T4) irgendwann ihren Dienst als Gleichrichterröhre tun wird. Die hochgelobte 274 ist dagegen deplatziert (und bringt sowieso nix).

Noch’n Hinweis: Man muss nicht soviel Knete für eine 310A ausgeben. Das geht deutlich preiswerter mit der 6J7 bzw. 6SJ7 (mit Segen von L’Audiophile) oder einer EF36 (mit Segen von frihu). Nebenbei: Messtechnisch orientiert sich die PSvane-310A am Original. Klanglich – meine ich – etwas „dunkler», was aber nicht unbedingt ein Nachteil sein muss.

Apropos EF36: Die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und einen Hörvergleich gestartet. Kurz und gut: Die L’Audiophile 300B umscheicheln eher, meine Variante tritt dagegen ein bisschen frecher, „moderner», auf. Von Stereobühne brauchen wir nicht zu reden, da haben die Monos ganz weit die Nase vorn. Logisch. Aber ansonsten? Geschmackssache, würde ich sagen. An den „Voice of Theater»-Lautsprechern kann sich das ganz anders gestalten.

Brummen gibt’s nicht mehr (trotz dass beide Monos nun „geerdet» sind). Aber dafür viel Musik. Der Technik viele weitere Jahre. Dem Menschen „Spass inne Backen».


Nachtrag 14.4.2024
Die Original L’Audiophile Schaltpläne sollte man wirklich nicht „stumpf» nachbauen. Besonders hinsichtlich der Kapazitäten schiesst man sehr oft und sehr weit über’s Ziel hinaus.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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