Monos mit 6C33

Mono Special-Effects

Etwas Show muss auch sein. Mache ich bei meinem 509-Verstärker auch – obwohl wirklich nur als Jux gedacht gewesen. Die Show hier nennt sich Einschaltverzögerung (typisch) mit begleitender Light-Show (noch typischer).

Der frontseitig angebrachte Firmenname wird nach dem Einschalten blau illuminiert. Gegenüber leuchtet ein quadratisch angebrachter Schriftzug in sattem Rot. Gut anderthalb Minuten später, wechselt das Rot zu Blau und signalisiert damit fast Betriebsbereitschaft.

Blau!
Was macht das Licht? Es leuchtet blau. (Haha.)
Nehmen Sie alle Modesünden von 1970 bis 2010 (Vokuhila, Pornobalken, Prilblume, Schlaghose…) und untermalen das akustisch mit Stock-Aitken-Waterman, wahlweise auch die Hyper-Hyper-Folter von Scooter… Schlimmer geht’s nimmer.

Die eigentliche Einschaltverzögerung simuliert dabei einen Röhrengleichrichter: Die Anodenspannung läuft langsam hoch, wird also nicht auf einen Schlag dazugeschaltet. Das finde ich allerdings Saugut.

Der „defekte“ Mono brauchte länger, bis alles blau illuminiert war. Also muss später neben Ruhestrom auch noch die Timerschaltung neu justiert werden. Anderhalb Minuten zum „Vorglühen“ ist etwas zuwenig für eine 6C33.

Meanwhile

Die Suche nach einer „richtigen“ 6C33 gestaltete sich nicht so zeitaufreibend, wie gedacht. Man muss nur die richtigen Leute fragen, dann bekommt man auch Ulyanovsk-6C33 mit „altem“ Logo von 1969 und 1971.

6c33-2

Der Preis ist akzeptabel. Die Lieferzeit wird genutzt, um die Monoblöcke genauer zu inspizieren.

Oh! Also… Ich habe nichts gegen Grenzfrequenzen, die weit im unhörbaren Bereich liegen. Mein „Fetisch“ ist „unten“ bei etwa 10 bis 15Hz und „oben“ über 40kHz. Hat auch technische Gründe. Eine untere Grenzfrequenz von 0,5Hz ist aber definitiv über’s Ziel hinausgeschossen…

Und nicht nur das. Ich bin nämlich auch ein Befürworter von Koppelkapazitäten, die die Signale möglichst schnell durchreichen. Je grösser der Kapazitätswert, desto mehr Zeit braucht es, bis das Signal passieren kann. Hier waren es über 35 Millisekunden – je Koppelkapazität…!

Da setzt man nun richtig flotte Röhren in einem Verstärker ein – die 6N6-Treiberröhre wird durch Parallelschaltung ein richtiges Biest – und haut mit „langsamen“ Koppelkapazitäten voll in die Eisen. Und nicht nur das – die „gefürchteten“ Phasenverschiebungen können nun durchaus ein Thema werden.

Wenigstens etwas zum „meckern“ gefunden… Und ganz schnell beseitigt.

Wenn beide Stereokanäle identisch aufgebaut sind, bekommt man davon natürlich nichts mit. Es wird aber ein „interessantes“ Erlebnis, wenn nur ein Kanal mit „vernünftig“ dimensionierte Kondensatoren ausgestattet wird. Gesagt – getan (nunmehr „unten“ 10Hz bei kumulierten 10 Millisekunden „Durchreichungzeit“, der Begriff Latenz bzw. Haas-Effekt trifft es nicht so ganz – ist aber vergleichbar).

Leider wollen sich auch die „neuen“ 6C33 nicht an die Ruhestrom-Regeln halten. Trotz „Vorbehandlung“. Bereits nach 10 Minuten war der Punkt erreicht, wo abgeschaltet werden musste.

Unikat-haftiges

War da nicht mal was? Ja. Nämlich die Erkenntnis, dass jede 6C33 immer irgendwie anders ist. Um zwei halbwegs identische Röhrenpaare zu bekommen, muss man schon in einem grossen Röhrenpool fischen.

Und es kristallierte sich immer mehr heraus, dass diese Monoblöcke wohl eher so etwas wie Unikate darstellen. Besonders, was die Beschaltung der 6C33 betrifft. Die wird scheinbar „individuell“ auf ein vorhandenes Endröhrenpaar „zugeschnitten“. Das betrifft vor allem die „Regeleinheit“ für den Ruhestrom.

Es war gar nicht möglich, die 6C33 komplett schlafen zu legen. Die hier maximal mögliche negative Vorspannung war schlicht und ergreifend zu wenig. Mit Anpassung des Regelbereichs auf maximal -110V lässt sich nun auch die vermeintlich kaputte 6C33 stabil auf den Ruhestromwert von 160mA (und mehr) einstellen.

Bei diesen beiden Monos wird der Ruhestrom nun auf etwa 170mA pro Röhre eingestellt. Das ist Konservativ, ja. Aber gute 6C33 werden selten… Dazu neue – einheitliche – Kathodenwiderstände (Draht), Koppelkondensatoren und neue Siebkondensatoren für die Heizung. Durchsicht beendet.

Für den Abgleich investiere ich einen Tag. Ist ja derzeit auch nicht weiter tragisch.

Das Oszilloskopbild zeigt übrigens ein Signalverlauf, den man auch gut in’s Lehrbuch abdrucken kann.

6c33-4

Besser geht nicht.
Klingt übrigens auch so.

Da ich immer noch Zeit habe, steht eine Competion an. Mein (neuer) 509’er (mit 6P45S) gegen die 6C33. Bezüglich Stereobühne mache ich mir keine Illusion Aber mal sehen…

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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