Ein „Tuning“ des Röhrenverstärkers kann manchmal notwendig und sinnvoll sein. Dann ist es aber kein „Tuning“ im eigentlichen Sinne. Da hapert es schlichtweg am Schaltungskonzept oder an den Bauteilen, weshalb dann eine Korrektur notwendig wird. Derartige Verstärker soll es ja geben. Und es soll Verstärker geben, bei denen man das Gefühl hat, dass er mehr könnte…
Wenn dieses Gefühl sich nun verstärkt, muss der „Tuning-Experte“ ’ran. Wobei sich die Frage stellt, was ein „Experte“ sein soll.
Also die „Röhrentauscher“ sind es zunächst nicht. Ja, es kann sein, dass mit einer anderen Röhre, gleichen Typs aber anderer Marke, „plötzlich“ die Sonne aufgeht. Das ist aber wirklich Glückssache, diese eine Röhre zu finden. Eine echte Mullard EL34 oder ECC83 klingt in ein und der gleichen Schaltung wirklich „anders“, als Röhren des gleichen Typs von Telefunken. Der Knaxus: Ob es klanglich gefällt, ist im höchsten Maße individuell…
Mit „Experten“ sind hier die Leute gemeint, die in die Schaltung gehen, sie analysieren und Ansätze finden, es „besser“ zu machen. Dazu muss man die Schaltungen verstehen, was in der NF-Technik nicht sonderlich schwer ist.
Manchmal finden sich auch Schaltungen, die Asbach-Uralt sind und kaum noch eingesetzt werden. Es ist dann immer wieder interessant herauszufinden, warum diese Schaltungen in Vergessenheit geraten ist. Auffällig ist, dass derartige Schaltunegn auch keine „Tuning-Ansätze“ bieten – es sei denn, sie ist komplett vermurkst worden. Kommt auch vor…
Unter diesen „Experten“ tummeln sich auch „Voodoo-Kondensatorentauscher“ und die „Tuning-Spezialisten“ die nicht wissen, wo das heisse Ende eines Lötkolbens ist und die Sache mit dem Klang anders regeln:
Die HighEnd-Esoteriker
Es ist mir eigentlich egal, an wen oder was jemand glaubt – solange niemand geschädigt wird. Es soll ja schon einmal vorgekommen sein, das Jemand zu einem besonderen Anlass schnödes Wasser zu Wein gezaubert hat. Wenn Sie daran glauben – bitte. Es zwingt Sie niemand und es kostet kein Geld daran zu glauben. Das hat mit dem Vereinsbeitrag, den Sie jeden Monat auf Ihrer Gehaltsabrechnung bestaunen können, nichts zu tun. Auch ist die Inquisition, Gott sei’s gefackelt, ja vorbei.
Und da sind wir schon beim Thema: Der Kostenfaktor. Immer, wenn Es vermeintlich nicht klingen, oder Mann (!) es in seiner HighEnd-Wahnvorstellung noch auflösender und durchzeichnender haben will, kommt Er in’s Spiel: Der Stephen King der HighEnd-Szene, der Schauermärchen erzählen kann, weshalb es nicht Klingt-Klangt.
Praktischerweise hat er auch gleich für und gegen alles ein Klangviagra oder Antidot parat und wirft mit Begriffen aus der Quanten- und Astrophysik um sich, dass selbst ein Prof. Dr. Lesch in Deckung gehen würde. Böse Zungen bezeichnen ihn (nicht den Lesch) bestenfalls „nur“ als Esoteriker. Es gibt durchaus auch andere Begriffe…
Die Lautsprecherkabel mit Laufrichtungsanzeige sind da noch ein harmloses Beispiel aus der HighEnd-Esoterikszene. Dass der Strom aus der Steckdose kein Gleichstrom ist, wurde im Physikunterricht ja erwähnt. Aber wohl kaum, wie es an den Lautsprecherausgängen aussieht. Nicht jeder hat es mit Elektrik-tik. Ein Netzkabel mit Laufrichtungsanzeige habe ich übrigens noch nicht gesehen. Ich glaube (sic!), der Beschiss wäre dann doch etwas zu auffällig.
Richtig grenzdebil wird es, wenn man mit Begriffen arbeitet, die sich schon einen „negativen Ruf“ erarbeitet haben. Namentlich sind das Elektrosmog und Interferenzen. Letzteres kennt jeder Funkamateur. Mein Bekannter ist auch so ein Funker und kriegt sich vor Lachen nicht mehr ein, wenn er lesen muss, wie HiFi (NF) mit Interferenzen in Verbindung gebracht wird. In Atemnot gerät er immer dann, wenn er gelesen hat, was dagegen helfen soll…
Ja, es gibt Menschen, die auf diese Dinge sensibel reagieren. Ich möchte auch nicht unbedingt unter 100kV-Oberlandleitung leben. Eine Verballhornung liegt mir deshalb fern. Nicht fern liegt mir aber, wie man diese Begriffe nutzt, um Menschen bei vollem Bewusstsein bestenfalls „in den April zu schicken“.
Was jetzt kommt ist starker Tobak, hat mit „Tuning“ nur insoweit zu tun, als das es sich auf den Kontostand des Seelenverkäufers bezieht. Auch wenn Sie von Physik weniger verstehen als die Kuh vom Eier legen, dürfen Sie mir glauben (sic!) dass die folgenden Placebos schlichtweg Verarsche sind. Nein, das geht noch nicht einmal als Placebo durch…
Tuning-Chips
sind ganz beliebt, weil sie mit Inteferenzen und Elektrosmog – Ratzfatz – kurzen Prozess machen. Es handelt sich meist um simple, aber schweineteuere Aufkleber die gegenüber normalen Aufklebern dicker sind und deshalb den Anschein erwecken, dass da etwas drin sein muss. Ein, zwei Stück an der Geräte-Rückseite aufgeklebt, sollen klangliche Wunder bewirken. Also Wasser zu Wein nur mit anderen Mitteln…
Es gibt zwei Arten dieser Tuning-Chips: Die „billigen“, wo wirklich nichts drin ist und die „teueren“ in denen man eine simple RFID-Technik findet. So etwas kann man beim chinesischen Ali preiswert en gros odern. Wer RFID-Technik nur rundimentär kennt, weiss, dass so etwas hinten am CD-Player nur als Diebstahlschutz taugt. Mit Elektrosmog oder Interferenzen hat dieses Zeugs nichts zu tun. Eher im Gegenteil…
Die Erklärungen warum nun statt Wasser Wein „da“ ist, sind dabei so hanebüchen, das es leichter fällt, das „Alte Testament“ für bare Münze zu nehmen. Leider haben die Scharlatane immer ihren Firmenname aufgedruckt, so dass diese Aufkleber nicht gezeigt werden. Dafür aber, was Made in China liefern kann:
Diese Dinger finden sich auch bei renommierten HiFi-Händlern, die (angeblich) wissen, wovon sie reden und ihren Kunden nie nicht über’s Ohr hauen würden. Ja, ich weiss, eine Verkaufsbude ist kein Samariterverein. Umsatz und Marge müssen stimmen, um leben zu können.
Wenn man aber so etwas in’s Sortiment nimmt, ist das bestimmt nicht als Deko gedacht. Jemand, der so etwas anbietet, der hat auch einen Klang-Exorzisten in der Hinterhand…