Vorüberlegung
Die KT88 benötigen schon einen „leicht beschwingten» Tritt in’s Steuergitter. Die Vorstufe muss also schon etwas liefern können. Und, wenn die KT88 richtig arbeiten sollen, muss auch die Betriebsspannung stimmen. Letzteres ist mit gut 500V (Leerlaufspannung) ja gegeben. Auch die negative Vorspannung für den Ruhestrom ist sehr gut dabei.
Theoretisch käme man mit zwei Vorstufenröhren aus, wobei eine Röhre unbedingt als Phase-Splitter (Phasenumkehr) arbeiten muss. Nebenbei bemerkt: Auch der Phase-Splitter (hier Long Tail Pair) trägt zur Verstärkung bei.
Bei zwei Stufen bleibt aber ein Röhrenplatz (V1) leer. Ja, den könnte man mit einer Dummy-Röhre oder einem magischen Auge bestücken. Aber: Weder Dummy noch Zappelanzeiger mit magischem Auge kommt in Frage. Und eine SRPP, um eine hohe Grundverstärkung zu erzielen, erst recht nicht.
Warum nicht eine Vorstufe, die sich schon in meinem EL509-Eintakter mehr wie bewährt hat? Eigentlich eine ganz normale, alte, Röhrenschaltung, die man „früher» u.a. auch schon bei Mullard, Altec Lansing und anderen „Größen der Verstärkertechnik» verwendete. Da man mit „normal» aber keinen Hund hinter’m Ofen hervorlockt, kann man mit ruhigem Gewissen und ganz nach „High-End Manier» den Hashimoto-San ins Spiel bringen. Also einen KT88-Gegentakter nach Art des „Hashimoto-San».
Hört sich doch gleich viel besser, viel „erhabener» an, oder? Wenn man unbedingt angeben will, bitte. Ich bleibe jedoch dabei: Das ist nur eine normale, alte, Schaltung mit Trick-17 aka Kathodenfolger.
Glauben Sie es mir: Die japanischen High-End Großmeister haben eigentlich nur (erfolgreich) von den „Gaikokujin» englischer und amerikanischer Herkunft „abgeschaut»… Besonders die Europäer sind in den späten 1980’er Jahren dann über das Fernost-Zeugs hergefallen, als ob es kein Morgen gäbe. Wer oder was ist Mullard, Altec Lansing oder Western Electric?
Ans Werk
Diesmal muss „meine» Kleinsignal-Pentode („Billiges» NOS-Glas, gibt’s in gleicher Qualität allerdings auch in „Schweineteuer», weil mit Raute) doch etwas mehr liefern, d.h. es muss eine höhere Grund-Verstärkung her. Unter anderem auch deswegen, damit man hinterher mit der Gegenkopplung „spielen» kann. Dann folgt ein Kathodenfolger, der seinerseits auf den Phase-Splitter arbeitet. Bis auf den Eingangskondensator liegt bis hierhin kein Koppelkondensator im Signalweg.
Der Eingangskondensator ist übrigens röhrentechnisch begründet. Auch wenn es oft anders kolpotiert wird: Irgendwelche Schutzaufgaben sind nur verschwindend gering vorhanden. Ja, es kann passieren, dass die Anode auf das Gitter „fällt» und damit auch den angeschlossenen CD-Player zerfetzt, wenn kein Kondi verbaut ist, der das angeblich verhindern soll… Ja, es kann auch passieren, dass die Hölle zufriert… Is‘ klar jetzt?
Die standardmäßig verbauten Ruhestromregler sehen nur hübsch aus, waren aber nicht zu gebrauchen. Bei einem Regler quoll zudem flüssiges Etwas aus den Ritzen (Nein, kein Fake). Also, ’raus damit. Die Folienkondensatoren zur Siebung der negativen Spannung für jede KT88 können dagegen bleiben.
Auch das Netzteil muss etwas umgearbeitet werden. Die Versorgungsspannung der einzelnen Verstärkerstufen war doch ein bisschen heftig. Die Siebkette nur für die beiden ersten Vorstufenröhren (vormals eine ECC83, jetzt zwei NOS-Pentödchen), war mit 20µF MKT auch ein bisschen dünn. „Aufgewertet» wurde mit einem zusätzlichen Elko.
Nebenbei ’ne alte Leier
Dieser Verstärker wurde mal als „Universalgenie» angepriesen. Als Endröhren sollten „passen»: EL34, 6L6GC (5881) oder KT88 (KT94). Dazu nur ein kurzer Kommentar: Hoffe viel Spass dabei gehabt zu haben. Nein, auch nicht mit EL34. Aus verdrahtungstechnischen Gründen. Und kommen Sie bloß nicht auf den Gedanken, hier eine 6550 einzuflanschen. Und nein, auch keine KT120 oder KT150.
KT88 und gut ist.
Neues aus dem Kuriositätenkabinett
Im Verlauf diverser Tests kam es dann auch noch zu mysteriösen Erlebnissen. Grund hierfür war eine „spinnerte» Elektronik. Eine Reparatur war nicht möglich, so dass hier ebenfalls die Methode „Knippex» angewandt werden musste.
Vermutlich gab es schon im „früheren Leben» Probleme mit der Steuerelektronik, denn hier wurde ebenfalls „nachgearbeitet». Aufgrund des Fehlerbildes war die Art, wie nachgearbeitet wurde, auch naheliegend. Ganz wüst „nachgearbeitet» wurde auch am Netzschalter. Und damit kommen wir zu den
Baby-Zartklickchen-Spielzeug-Schaltern
Der Vierfach-Umschalter für den Trioden- und Ultralinearmodus wird in seiner Funktion stillgelegt. Erstens, weil die KT88 im Pentoden- bzw. Tetrodenmodus gefahren werden und Zweitens, weil dieses Schalterchen nicht für diese Spannung ausgelegt ist.
Glauben Sie mir, der Tetrodenmodus ist besser als sein Ruf. Vor allem erzielt man damit richtig Leistung!
Der Netzschalter aus der Spielzeugabteilung lässt sich konstruktionstechnisch nicht ersetzen ohne etwas kaputt zu machen. Er bekommt „lediglich» einen richtigen Entstörkondensator, der die Schaltspitzen dämpft. Das nachträglich eingebaute RC-Glied war für diese Aufgabe denkbar ungeeignet. Die Kontakte werden zudem voneinander isoliert und das Ganze in Schrumpffolie eingepackt. Ein zusätzlicher NTC (wärmeabhängiger Widerstand) mindert zudem die Last im Einschaltmoment.
Das war’s eigentlich. Naja, nicht ganz.
Was wäre ein Umbau bzw. „Röhrenverstärker-Selbstbau», ohne Abgleich…