Spark? MingDa!

Röhrenverstärker-Abgleich

Jetzt kommt es zum Zusammenspiel von Signalgenerator, Oszilloskop und Verstärker. Prinzipiell läuft ein Abgleich wie folgt ab:

Mit dem Signalgenerator orgelt man den Verstärker, mit steigender Leistung, durch den Frequenzbereich und am Oszilloskop wird geschaut, ob es Lehrbuchmäßig ist. Also der Sinus muss wie ein Sinus aussehen und zwar mit gleichmäßigen Bergen und Tälern. Das Rechteck muss rechteckig sein und idealerweise sind dabei die Waagerechten wirklich waagerecht. Keine Überschwinger, nichts. Und das über einen weiten Frequenzbereich.

Was sich einfach und nach „mal eben so“ anhört, ist doch etwas zeitintensiv.

Vorstufe

Im Bereich von 10Hz (nahe der unteren Grenzfrequenz bedingt durch die Koppelkondensatoren) bis etwa 45kHz war am Gitteranschluss der KT88 alles genauso, wie gewollt. Ohne nennenswerte Abschwächung. Wie aus dem Lehrbuch. Und das mit einer bösen vorverstärkenden Pentode, Kohleschicht- und Carbon-Composit Widerständen.

Natürlich ist jede Verstärkerstufe nach Aufbau einzeln durchgetestet worden. Jetzt kommt es nur noch darauf an, was die Endröhren und der Übertrager daraus machen. Und das ist immer der interessantere Part…

Endstufe

Am Lautsprecherausgang zeigte sich dann – zunächst ohne Gegenkopplung – die brutale Wahrheit: Sinus in Ordnung, das Rechteck eine mittlere Katastrophe. Sofern man vor lauter Überschwingern noch das Rechteck erkennen konnte. Hierfür gab es zwei Gründe: Erstens die fehlende Gegenkopplung und zweitens war die Grundverstärkung der Eingangspentode zu hoch. Letzteres konnte schnell korrigiert werden und damit war auch das Rechteck erkennbar.

Gegenkopplung

Die „richtige“ Gegenkopplung lässt nur etwas „Überschwinger“ übrig, die dann auch den Klang dieses Verstärkers ausmachen. Man kann das rechnerisch angehen und es sich damit einfach machen, oder aber, man hört einfach mal genau hin. Das Problem beim Berechnen: Die Übertrager sind eine unbekannte Größe und nur selten stimmt das Oszilloskopbild mit dem menschlichen Hörgewohnheiten überein.

Klar, man bekommt das auch „glattgebügelt“ hin, dann kann man sich auch einen Transistor geben. Meine Meinung.

Der Ruhestrom der KT88 wird auf „nur“ 35mA eingestellt. Mehr geht zwar, braucht aber nicht. Mit diesem Ruhestrom läuft das „Gesamt-Kunstwerk“ schön rund.

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Und jetzt…

Überraschung!

Anders als erwartet, machen die Übertrager tatsächlich das, was einigermaßen gute Übertrager ausmachen. Da habe ich wirklich von „namhaften“ Verstärkern schon Schlimmeres gesehen.

Bis etwa 35W geht es ziemlich gut zur Sache. Darüber hinaus geht’s dann los mit den „Unsauberkeiten“. Das ist eigentlich ganz in Ordnung. Rund 70% der maximalen Leistung laufen damit ziemlich „rund“.

Auch der Netztrafo überraschte. Unter Last sackte die 500V-Leerlaufspannung auf „nur“ 470V-Betriebsspannung ab. Und das relativ stabil. Auch das ist erstaunlich gut. Natürlich sackte die Spannung weiter ab, wenn die KT88 „richtig“ gefordert wurden. Das ist normal.

Und jetzt das Wichtigste.

Klang?

Da mir Klang-SchriebSchrab nicht liegt, mache ich es anders.

Insgesamt klingt dieser Verstärker nach einem typischen KT88-Gegentakter. Ohne Weichzeichner und ohne jede akustische Schminke. Und das heisst: Ehrlich.

Das, was auf der Konserve abgemischt ist, hört Mann oder Frau. Da wird nix unterdrückt oder über Gebühr verfälscht. Je nach Musikkost also hemmungslos brutal oder zärtlich.

Ich habe es diesmal mit den Damen und Herren des Cincinnati Pops Orchestra mit Erich Kunzel als „Stäbchen-Schwinger“ ausprobiert. Nein, nach dem Finale der 1812-Overtüre war mir nicht. Es war die Titelmusik von den „glorreichen Sieben“. Ich mag das Stück, weil es alles hat: ordentlich Rumms und Feinheiten. Später durfte noch die Glenn Miller (ebenfalls von den „Cincinnatis“) ’ran…

Input 750mV. Lautstärkeregler auf 11:00 Uhr. Also laut.

Testlautsprecher:
Nubert Regallautsprecher „nuLine32«: Yep, da kann man mit leben. Das kann aber auch Ärger geben…
Nubert Standlautsprecher „nuBox681«: Tolle Membrangymnastik. Musste leider leiser drehen.

Fostex BK201: Ich komme noch nicht mal über die Stellung 9:00 Uhr hinaus, ohne mir ernsten Ärger mit der Nachbarschaft einzuhandeln. Trotzdem ein schönes Musikerlebnis.

Fazit: Dynamik ist voll in Ordnung. Klang auch. Stereobühne erstaunlich gut. Brumm? Es rauscht noch nicht einmal. Die „Kiste“ macht einfach Spass. Und das ist die Hauptsache.

Und wenn dann noch ein Verstärker Moderat’s „Running“ (ist zwar dumpfe Lala für den Zappelbunker, hat aber einen gemeinen Bass-Teppich) ohne Aussetzer oder Verzerrungen auch „überhöhter“ Zimmerlautstärke abspielt, ist das mehr wie vollkommen okay.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen.Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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