Ob ich den Stereo25 MK2 kenne und den auch noch „pimpen» könne, wurde ich gefragt. Ersteres nein, Letzteres ja. Nach kurzer Zeit stand dann dieser Stereo-Röhrenverstärker bei mir auf der Werkbank. Flugs aufgeschraubt und mal kurz einen flüchtgen Blick ins Innere geworfen. Das da bereits ziemlich „grobschlächtig» drin herumgelötet wurde, war nicht weiter tragisch, es war eher das Schaltungsdesign, wo ich mich zunächst geweigert habe, mich mit diesem Teil zu befassen. Ein Glück das ich mich besonnen habe…
Bei der üblichen Recherche zu diesem Röhrenverstärker stolperte ich dann auch über die Unternehmens-Homepage und ich komme nicht umhin, etwas „Marketing-Bashing» zu betreiben. Was den Stereo25 MK2 Röhrenverstärker betrifft: Man kann nur etwas pimpen (customizen), wenn die Basis stimmig ist. Und wenn etwas stimmig, dann ist es bei diesem Verstärker…
Ein englischer Patient
Icon Audio? Wer oder was ist das? Icon Audio ist ein britisches Unternehmen die auch hauptsächlich im angelsächischen Raum „unterwegs» sind (hier in „good old Germany» ist das Unternehmen so gut wie unbekannt). Allerdings – Icon Audio fungiert lediglich als Adoptivelternteil – geboren wurde der Stereo25 MK2 in einer chinesischen Werkshalle.
Wahrscheinlich die gleiche Lötstation, die sich auch für „Meixing»-, „Minda»-, „Yarland»- oder „Music Angel»-Röhrenverstärker verantwortlich zeichnen.
Der Stereo25 MK2 wird dabei als „Einstiegsdroge» für das süchtig machende Röhren-HiFi offeriert. Die technischen Daten sind soweit akzeptabel und wohl auch ehrlich (im grossen und ganzen). Und dann kommt typisch britisches Understatement: Fast schon nebenher verweist man darauf, dass der Vorstufenbereich an den legendären Leak-Verstärker angelehnt ist. Leak? Waren das nicht die, die mit den „tollen» Röhrenverstärkern? Ja. Und Leak war vor allem eins: Ein britisches Unternehmen.
Leak Röhrenverstärker
Leak & Co. Ltd wurde 1934 in London gegründet und stellten in der HiFi-Hochphase (1950’er bis 1970’er Jahre) hochwertiges „HiFi-Gedöns» her: von Verstärker, Lautsprecher bis hin zu Schallplattenspieler. Im Laufe der Jahre entwickelte sich Leak (neben Quad) zu dem HiFi-Spezialist, besonders die Röhrenverstärker galten lange Zeit als das Non plus ultra in der HiFi-Technik (neben Quad).
Kennzeichnend für alle Leak-Verstärker: Schnurgerader Frequenzgang, jegliche „Ausreisser» wurden (mehr oder weniger gekonnt) unterdrückt. Schaltungstechnisch orientierte man sich an die „Ideen» und „Vorgaben» von Williamson. Während Quad noch den einen oder anderen Frequenz-Ausreisser zuliess, agierte Leak mit seinen Verstärkern sehr eigenwillig britisch. Und das heisst: Klang, also lebhafter Klang an sich, das war nicht. Auf’m Totenbett ist mehr Stimmung. Was die Signalquelle nicht hergibt, reisst der Verstärker nicht ’raus. Kann man mögen, muss man aber nicht.
Schaltungstechnisch ist bei den Leak 20’er / 50’er und 60’er Modellen eigentlich nichts besonderes zu finden: Vorne hebt „eine halbe ECC83« das NF-Signal stark an, dann folgt schon die Phasenumkehr die ebenfalls mit ECC83 bestückt war. Diese Phasenumkehrstufe ist dabei eine „gepimpte» Standardschaltung (Long Tailed Pair). Dann kommen schon die EL34-Endröhren, die meist in Class-AB (Self-BIAS) beschaltet wurden. Das hat zwar klangliche Vorteile aber leistungsmäßig Nachteile. Aus der gleichen Anordnung kann man mit Ruhestrom (fixed BIAS, Class-AB1) gut 35 Watt herausholen, anstatt 25 Watt in Class-AB.
Leak modern interpretiert
Icon Audio’s Stereo25 MK2 interpretiert nun das Leak-Konzept ganz neu. Teilweise gekonnt, teilweise „sehr eigenwillig». Als i-Tüpfelchen verbindet dann Icon Audio die Leak-Anlehnung ganz elegant mit weiteren Grössen der damaligen HiFi-Branche.
In der Vorstufe werkelt im Stereo25 MK2 eine halbe 6SL7 (ein ECC83 / 12AX7 Derivat) auf 6SN7GT (ein ECC82 Derivat). Danach kommen schon die Endröhren. Ähnliche Röhren-Schaltungsdesigns gibts zuhauf. Eine ECC83 als Phase Splitter zu „missbrauchen» ist aber nicht unbedingt der Bringer. Und es ist auch nicht der Bringer, wenn Kapazitäten dazu „missbraucht» werden, den HiFi-Verstärker keinerlei „Eigenleben» zu erlauben. Auch wenn es Leak gemacht hat. All das findet man im Stereo25 MK2 aber nicht. Dafür findet man ein Schaltungsdetail, der dem vornehmen Briten etwas Punk einhaucht.
Und jetzt wirds krude!
Geradezu typisch ist, dass dieser Verstärker als „eierlegende Wollmichsau» präsentiert wird: Er soll nämlich mit Endröhren wie EL34, KT66, 6L6GC, KT88 oder 6550 gleichermaßen zurecht kommen können. Das kann sein. Kann auch nicht sein. Ich persönlich habe da eine sehr spezielle Meinung zu…
Achtung! Grundlage!
Sollte jemand tatsächlich in diesem Röhrenverstärker eine EL34 einstecken, wird er garantiert nicht glücklich werden. Konstruktionstechnisch ist nämlich der Anschluss für das Bremsgitter bei der EL34 separat herausgeführt und liegt an Röhrenpin 1. Bei 6L6GC und Consorten existiert dieser Anschluss nicht bzw. ist identisch mit Pin 8 da Bremsgitter und Kathode intern miteinander verbunden sind. Im Stereo25 MK2 ist Pin 1 aber als Lötstützpunkt für die Masseschiene missbraucht worden (Das wurde schon von jeher für kontraproduktiv erklärt).
Orientiert man sich weiterhin an Leak, bleiben eigentlich nur KT66 oder 6L6GC (5881) übrig, die man in die vier Okatalfassungen stecken sollte. Alles andere darf man getrost vergessen. Es würde funktionieren, aber „stärkere» Röhren wie KT88 oder 6550 würden nie mit optimalen Arbeitsbedingungen laufen. Ausserdem: Die EL34 stammt vom Festland…