TAC-88

Tic-Tac-Toe: TAC-88 Röhrenverstärker mit KT88

Der TAC-88 kommt, wie auch schon der TAC-34, aus der gleichen Röhrenverstärker-Schmiede und schlägt hier in schöner Regelmässigkeit auf. Vom technischen Aufbau her gibt es auch hier eigentlich nichts zu meckern und ist ein brauchbarer Einsteiger-Röhrenverstärker.

Auch aus klanglicher Sicht hört sich das Ganze zunächst einmal sehr solide an. Wenn man jedoch genauer hinhört, dann stellt man fest, dass der TAC-88 kein Feingeist ist und ihm filigrane Signalaufbereitung nicht unbedingt liegt. Die „gepresste» Stereobühne lässt kaum Raum für musikalische Details. Bei partytauglicher Beschallung gerät der TAC zudem leicht ins wanken, was die Musik dann noch zusätzlich „verwässert».

Während der TAC-34 in immer gleichem Schaltungsdesign angeboten wird, gibt es beim 88’er Modell zwei Varianten, die sich zunächst nur in der Röhrenbestückung unterschieden, bei den späteren Modellen dann auch im Innenleben:

Vorstufe: 1x 12AX7 (ECC83), Phasenumkehr: 2x 6SN7 (6N8)
          1x 6SL7  (6N9)                  2x 6N8

Bei der ersten Modellreihe fanden sich zunächst 12AX7 und 6SN7 (bzw. 6N8) Röhren aus russischen Beständen. Dann folgte ein russisch-chinesischer Mischmasch. Die neuere „6SL7»-Variante des TAC-88 ist dagegen durchweg mit chinesischen Röhren bestückt.

Übrigens – man könnte die 6SL7 als eine Oktalversion der ECC83 (12AX7) bezeichnen, genauso wie die 6SN7 (ECC82 bzw. 12AU7).

tac88-12ax7-bias
Die alte Variante, also mit 12AX7 im Eingang, ist eine vom Aussterben bedrohte Art, die es eigentlich zu erhalten gilt. Nicht zuletzt auch deswegen, weil keine „Micky-Maus Trimmpotis» und keine schwachbrüstigen Dioden verbaut wurden. Letztere sind übrigens dafür verantwortlich, dass beim neueren Modell die angestrebten 30 Watt nur mit Ach und Krach erreicht werden. Das Platinenlayout ist im grossen und ganzen gut: Spartanisch, direkt und mit satter Kupferauflage.

Generell gilt: Beim TAC-88 sucht man vergeblich nach Zierleisten und sonstigem „Bling-Bling». Das ist ein Röhrenverstärker vom Stamme der „Malocher» und kein halbseidenes Showprodukt aus der Glitzer-Blenderwelt.

originalplatine-6sl7 Bei der neueren Variante, also mit 6SL7 im Eingangsbereich, ist von dem ursprünglichen, archaisch anmutenden, Ursprungsmodell nicht mehr viel übrig geblieben: Viele Bauteile erfüllen gerade einmal Minimalstanforderungen, allen voran die knapp dimensionierte Gleichrichterdioden und eben jene Micky-Maus Trimmpotis. Auch die Kupferauflage der Leiterbahn ist dünner. Leider.

Ein grosser Nachteil des „alten» TAC-88 war: Man kann nicht „mal eben so» die Ruheströme der Endröhren einstellen, sondern man muss „in die Schaltung» hinein. Nicht unbedingt geeignet für Benutzer, die mit Volt und Ampere auf Kriegsfuss stehen, zumal beim Abgleichvorgang die komplette Schaltung unter Spannung steht (stellenweise über 450 Volt). Die „neueren» Modelle kann man zwar (relativ sicher) „von oben bedienen», haben aber Trimmpotis verbaut, bei denen man ein scharfes Auge und eine ruhige Hand haben muss, um den Kreuzschlitz zielsicher anzusetzen. Beim eigentlichen Abgleichvorgang ist dann räuspern, atmen und zittern strengstens untersagt…

Röhren

In der Röhrenvorstufe hebt je eine Triodenhälfte (entweder 12AX7 oder 6SL7) das NF-Signal etwas an, dann folgt die Phasenumkehr die, bedingt durch den Röhrentyp (6SN7GT bzw. 6N8) nur noch moderate Verstärkung liefert. Mehr Verstärkung ist bei diesem Verstärker nicht. Der Kenner merkt sofort: „Aha! Das reicht aber nicht, um eine KT88 richtig anzusteuern.» Richtig, denn nach derartiger Phasenumkehr sollte schon noch eine Treiberstufe sitzen. Von den Betriebsbedingungen ganz zu schweigen. Ergo? Eine KT88 ist sowohl im neuen als auch im alten TAC-88 eine klassische Fehlbesetzung. Was man hier evtl. als Klanggewinn wahrnimmt, ist ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom der KT88. Haben Sie „Gold Lion» KT-88 eingekauft? Hätten Sie das Geld einer Hilfsorganisation gespendet, wäre das sinnvoller gewesen.

Ein Customize des TAC-88 macht also nur dann Sinn, wenn auch die Röhren (besonders die Vorstufenröhren) getauscht werden. Das Eisen (spricht Netztrafo und Übertrager) kann bleiben.

Frisch, fromm, fröhlich, frei gelötet

Das Innenleben jeder TAC-88 Mutation wird, wie auch beim TAC-34, komplett ausgetauscht. Das heisst: Widerstände und Folienkondensatoren werden ersetzt und wertemässig etwas korrigiert. Je nach Mutation des TAC-88 werden noch die Elkos durch spannungsfestere Typen ersetzt. Das Netzteil erfährt insgesamt ein kräftiges upgrade, um die angedachte Maximalleistung auch wirklich stabil nutzen zu können.

Da die Vorstufenröhren mit Gleichspannung beheizt werden, aber der Siebelko hierfür etwas mager dimensioniert ist, erfährt auch dieser Schaltungsteil ein upgrade. Die 6SL7 (respektive 6N9P) reagiert allergisch auf ein nicht definiertes Spannungspotential (Ufk) so das man hier mit dem „Holzhammer» für Ruhe sorgen muss: Der Minuspol der Heizspannung wird „knüppelhart» auf die geerdete Schaltungsmasse gelegt. Den Versuch, ein definiertes Ufk aus der „haute cuisine der Röhrentechnik» anzubringen, kann man sich sparen! Hier wirkt nur der „Holzhammer». Übrigens: Selektierte, d.h. auf Systemgleichheit und Mikrofoniearmut ausgemesene, 6SL7- bzw. 6N9P-Röhren sind kein überflüssiger Luxus.

Grössere Änderungen sind im Bereich der Endröhren notwendig (auch wenn die Endröhren nicht getauscht werden sollen), wobei – Änderungen trifft es nicht ganz richtig – richtiger wäre: Nachrüstung.

Die Trimmpotis für die Ruhestromeinstellung werden bei der 6SL7-Variante so umgerüstet, dass man nicht mehr in „dunkle Löcher herumporkeln» muss, um das Trimmpoti überhaupt zu finden.

Auch die Vorstufe wird so umgerüstet, dass es zu einer niedrigeren Eingangsimpedanz kommt. Eingangsseitige Fehlanpassungen werden somit vermieden, wobei das Lautstärkepoti eine ganz besondere Rolle spielt: Da die TAC’s, die hier zur „Kur» kommen, alle ein paar Jahre auf den Buckel haben, „überlebt» das Original-Poti die Kur meist nicht: Bereits beim Ausbau (lösen der Befestigungsmutter) geht irgend etwas in dem Stereopoti „kaputt». Von Gleichlauf kann dann überhaupt keine Rede mehr sein. Kleiner Knackpunkt: Das blaue Alps-Poti ist nicht ohne Gewaltanwendung einzubauen, so dass man auf eine andere Modellreihe ausweichen muss. Als letzter Punkt bleibt nur noch die Gegenkopplung, die hier auf die geänderten Bedingungen angepasst wird.

Nie klang es klänglicher

Derartig aufgehübscht kann der „neue» TAC-88 zeigen, was er kann. Mit den maximalen 40 Sinuswatt (entspricht etwa 50W RMS) ist der „neue» TAC-88 mit den 6550 Endröhren garantiert nicht überfordert und kann deshalb sehr befreit aufspielen. Filigrane Musikkost verarbeitet der TAC nun genauso souverän und sauber wie auch die wattstarke Reproduktion eines AC/DC Konzert.

[…] Das hat nun Saft und Kraft […] und ein Stereoabbild, was keine Wünsche mehr übrig lässt.

Hinweis: Der ursprüngliche Artikel stammt aus 2011!

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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