Dieser PSE (Parallel Single Ended) Verstärker wurde als Röhrenverstärker-Bausatz vom englischen Unternehmen WAD (World Audio Design) um die Jahrtausendwende angeboten. WAD, an sich, gibt es nicht mehr. Dafür „geistern» (hierzulande eher weniger) fertig aufgebaute Verstärker herum, die als „Second-Hand» weiterverkauft werden.
Damit sind nun alle Punkte genannt, bei denen auch ein Optimist etwas „verhalten» wird. Werden sollte!
Bausätze sind gut und schön, haben aber einen Haken: Wenn die fertig aufgebauten Verstärker (oder Lautsprecher) Jahre später weiterverkauft werden, kann man sich als Käufer nicht sicher sein, ob man ein „Original» bekommt. Heisst, so wie es sich der Bausatzanbieter vorgestellt hatte. Was nämlich ein richtiger Bastler ist, der arbeitet in seinem Selbstbausatz eine „persönliche Note» ein. Kenne ich bereits von anderen Bausatz-Verstärkern. Warum sollte das bei diesen, gebraucht erworbenen, 300B-PSE Monoblöcken anders sein?
Monoblöcke?
Bei diesem Aspekt darf die Alarmglocke anfangen, leise zu bimmeln. Wie auch schon bei den L’Audiophile-Verstärkern ist nämlich häufig genug der Schutzleiter zur „Brummminimierung» „deaktiviert» worden. Allein deshalb sollte man generell den „Gebrauchten» vorher gründlich überprüfen (lassen) – bevor eingeschaltet wird. Das wird aber oft genug nicht gemacht. Egal, ist nicht mein Leben.
Diese PSE-Monos waren eigentlich nicht wegen der Schutzleiter-Sache hier zu Gast, sondern weil es brummte. Nicht laut, aber doch vernehmbar und deshalb nervend. Mit einem „Moin. Hier, guck‘ mal ’rein und mach‘ mal das Brummen weg» wurden mir die beiden WAD’s in die Hand gedrückt.
Eindruck
Die Röhren machten stutzig. Beziehungsweise deren Zustand. Bis auf die 6AU6 (Pentode) gehen die restlichen Röhren (ECC82, 300B’s) glatt als neuwertig durch. Und dann die Gleichrichterröhre CV378 erst. Hat der Verstärker mit diesen Röhren überhaupt schon mal gelaufen? Hm…
Einblick
Nach einem kurzen „Blick-In» war Recherche angesagt. Angesichts der Mundorf-Kondensatoren, Kabelmaterial, der Symmetrier- und Kathodenwiderstände für die 300B’s, kann mit Sicherheit gesagt werden, dass das nicht mehr Original ist. Wie aber sollte es aussehen?
Ergebnis der Recherche: WAD-Verstärkerbausätze brummen immer. Besonders die Eintakter. Mal mehr, mal weniger. Das musste scheinbar so. Irgendwann fische ich den Original-Schaltplan für diese PSE-Monoblöcke aus dem Netz.
Zur Beachtung: Die Schaltung wurde zunächst in einer (englischen) „Bastler-Postille» veröffentlicht. WAD machte daraus dann den Bausatz. Spätere Schaltungs-Korrekturen wurden zwar in der Zeitschrift veröffentlicht, sind aber angeblich nicht in die Bausätze eingeflossen. Ausserdem soll WAD sich nicht unbedingt „exakt» an die Schaltplan-Vorgaben gehalten haben.
Die Schaltung…
…an sich ist – so im ganz Groben – zunächst einmal stimmig. Das nur vorweg. Bei genauerer Betrachtung schlägt er aber zu, der Zeitgeist. Und das in geballter Form.
Rückblick
Der offensichtliche Zeichnungsfehler im Kathodenkreis der 6AU6 ist bei genauerer Betrachtung keiner. Das ist nur etwas ungewöhnlich gezeichnet. Der eigentlich Kathodenwiderstand „tarnt» sich als Gegenkopplungs-Widerstand. Betrachtet man dieses Detail jedoch genauer, dann ist das nicht nur ungewöhnlich gezeichnet!
Den Lautsprecher quasi in die Röhrenschaltung direkt mit „einzuarbeiten», war mal ein ganz populärer Ansatz. Ziel war es, den Lautsprecher besser kontrollieren zu können bzw. sein „Verhalten» direkt mit einzubeziehen. Da gab es mehrere Varianten. Keine davon erwies sich als praktikabel und die Idee verschwand ebenso schnell, wie sie aufkam.
So „krass» wie hier, habe ich das aber auch noch nicht gesehen (oder ich habe das verdrängt). Hier wird nämlich alles, was am Lautsprecheranschluss des Übertragers hängt, seriell (!) zum Kathodenwiderstand der Pentode geschaltet… In welcher Stellung sich nun – zu 99% – der „Feedback Switch» (der Umschalter) befand, sollte nicht schwer zu erraten sein. Falls das überhaupt jemand nachgebaut hat.
Anders als erwartet ist die ECC82 nicht als SRPP beschaltet, sondern als „gepimpter» Kathodenfolger der (bzw. die) auch noch eine fixe negative Vorspannung für je eine 300B zu Verfügung stellen sollen. Noch so eine Schaltung, bei der die Theorie irgendwann mit der Praxis frontal kollidiert.
Hier werdenn die 300B’s gleichspannungsgekoppelt (also ohne Koppelkondensator) an den Kathodenfolger angeschlossen und erhalten durch die symmetrische Spannungsversorgung immer eine bestimmte Höhe an negativer Vorspannung, die (für sich genommen) aber zu niedrig ist. So wie hier läuft das Ganze eben als Halb-Halb, also halb Class-A, halb Class-A1. Und so funktioniert es dann auch… Zumindest bis eine gewisse Röhrenalterung erreicht ist.
Bleiben wir bei den Endröhren. Ein einziger „Hum-Pot» soll für Brummminimierung sorgen. Einer! Für zwei Röhren. Abgesehen von der Machart der Heizung und des einen „Hum-Pots», lassen die Widerstandswerte an der „künstlichen» Kathode Schlimmes erahnen: Grob kalkulierte Ruheströme von über 80mA pro Triode. Damit wird dieser PSE zur reinen „Watt-Quetsche».
Soweit die Sache mit dem Schaltplan.