Leistungs-Kathodenfolger
„Unten» an der Kathode der EL34 hängt hier ein 50W-Widerstand. Dieser simuliert in diesem Schaltungsteil zunächst einen Ausgangsübertrager. Zurückzuführen ist diese Schaltung auf Raymond Bates.
Die Beschaltung der EL34 ist ein Kathodenfolger, auch wenn sie mit einer symetrischen Spannung von etwa +200V / -200V versorgt wird. Das Ausgangssignal steht „unverstärkt», aber mit einer geringerer Impedanz zur Verfügung. Üblicherweise findet man so etwas mit Trioden (ECC82, 6SN7) eben als Impedanzwandler.
Nochmal: Es erfolgt keine Verstärkung im eigentlichen Sinne. Die EL34 „macht» hier nur Leistung. Und das ist der Trick. Es braucht damit nicht die volle Signalspannung für die 211, die hier also leistungsmäßig angesteuert wird…
Der Kathoden-Widerstand muss einerseits so hoch gewählt werden, dass mit diesem „Leistungs-Kathodenfolger» eine gute Linearität bei geringen Verzerrungen erzielt wird, andererseits so niedrig, um die nötige geringe Ausgangsimpedanz zu gewährleisten.
Das Steuergitter der 211 wird nun direkt an die Kathode der EL34 angeschlossen. Mit dem „Ruhestromgler» der EL34 wird auch die negative Spannung am Steuergitter der 211 eingestellt. Damit kommen wir mal „kurz» zur…
Funktionsweise Class-A2
Normalerweise hat das Steuergitter einer Röhre immer negativer als die Kathode zu sein (oder genauer: Das Gitter-Kathodenpotential). Oder, bei Nichtbeachtung, ganz flott kaputt.
Hier stiess man früher an Leistungsgrenzen. Wie bei Pentoden (Schirmgitter) musste eine Hilfsanode zur Leistungssteigerung her – unter Beibehaltung der Triodeneigenschaften. Hierzu konstruierte man das Steuergitter so um, dass es auch positiver gegenüber dem Kathodepotential werden durfte.
Einige Röhren, wie schon die oft erwähnte 805, bekommen direkt eine kleine positive Spannung am Steuergitter injeziert und sind damit immer im positiven Bereich. Bei anderen Trioden, wie eben die 211, soll das Steuergitter in Class-A2 nur bei Bedarf zur Hilfsanode werden. Ein Turbolader, quasi. Der aber schon relativ früh zünden soll. Muss.
Denn, um die Verzerrungen gering zu halten, muss in Class-A2 Schaltungen immer Gitterstrom fliessen. Erst dann kommen die Vorzüge zum tragen: Höhere Leistung bei gleichzeitig sehr geringen Verzerrungen und gute Linearität. Deshalb muss die EL34 schon mit einem relativ hohen Spannungshub angesteuert werden. Je nach Höhe der Amplitude wird die Spannung dann an der Kathode (und damit am Steuergitter der 211) positiver.
Gitterstrom
Wird das Steuergitter nun positiver (Hilfsanode) als das Kathodenpotential, saugt es, zusätzlich zu der Anode (der Anodenstrom), Elektronen von der Kathode ab. Der grösste Teil fliegt zur Anode (und verursacht die Leistungssteigerung), ein geringer Teil bleibt beim Gitter hängen und verursacht den Gitterstrom.
Dieser Gitterstrom ist nicht „von Pappe». In einigen Fällen können da, zusätzlich (!) zum Anodenstrom, 30mA und mehr (!) dazukommen. Das ist bei der Netzteildimensionierung zu berücksichtigen.
Class-A2 Feinheiten
Ein Gridstopper zwischen Kathode-EL34 und Gitter-211 ist gut gemeint, aber nicht sinnig. Ein Kondensator allerdings ist grundfalsch… Die Erklärung klingt etwas paradox: Die am Gitter hängenden Elektronen (negative Ladung) wollen ja „zu Plus». Paradox erscheint das deshalb, weil das Gitter ja – umgekehrt – erst dazu gebracht werden muss…
Mit einem Gridstopper legt man den Elektronen unnötiger Weise nur Steine in den Weg. Ein Kondensator aber würde einen fliessenden Gitterstrom zuverlässig zu verhindern wissen.
Die Anforderung, dass eine möglichst niederohmige Ansteuerung der 211 zu erfolgen hat, ist (vereinfacht ausgedrückt) nur dem Umstand geschuldet, den „Stromhunger» des Gitters in der Funktion als Hilfsanode nachzukommen. Nichts anderes! Etwas genauer: Je positiver das Gitter wird, desto niedriger wird der Widerstand zwischen Gitter und Kathode.
Je geringer nun dieser Widerstand, desto schwerer haben es die üblichen Treiberschaltungen. Also muss ein Impedanzwandler her (Kathodenfolger) der zusätzlich noch Leistung bringt – eben so ein „Leistungs-Impedanzwandler». Andere Schaltungsapplikationen lösen das mittels Zwischenübertrager.
Je geringer die Signal-Amplitude, desto positiver muss der „Ruhestrom» der Treiberröhre eingestellt werden. Bei etwa -25V an der Kathode der Treiberröhre sollte aber wirklich Schluss sein. Im Peak darf das Gitter durchaus „richtig» positiv werden – aber eben nur im Peak.
Sollen es hinterher 30W und mehr werden, muss die 211 schon hart herangenommen werden. Und die Spannung muss stimmen. Auch hier: Je weniger „Saft» an der Anode, desto „limitierender».
Zündzeitpunkt
Damit der Turbolader zum richtigen Zeitpunkt zündet, muss das „Standgas» schon in einem bestimmten Bereich „hochgejubelt» werden. Hier wird er so hoch eingestellt, dass sich eine Leistung nahe „Vollgas» (max. Anodenverlustleistung) einstellt.
Ein Leistungsbereich, die man bei „normalen» Single-Endeds meidet, wie der Teufel das Weihwasser: Maximal etwa 70% von einem Viertel der Anodenverlustleistung.
Es dürfte klar sein, dass man kaum in die Nähe von 5W Ausgangsleistung – ohne Nebenwirkungen – kommt. Also ohne Hörsturz, Tinnitus oder gar NPO (Nachbarn, Polizei, Ordnungsamt). Aber… Den Turbolader wird man „spüren»…
Zurück zum „Übertragersatz»
Selbst unter Testbedingungen wurde der „Übertragerersatz» spürbar warm. Unter realen Bedingungen kommen da noch ein paar Celsius-Einheiten hinzu. Brandheiss ist aber falsch… Dezenter Hinweis auf (hier fehlende) Lüftungslöcher…
Der Widerstandswert ist kein Datum und man braucht daraus keine Religion zu machen. Einhundert Ohm mehr oder weniger machen den Braten nicht fett. Es spricht auch nichts dagegen, den Widerstandswert aus mehreren Einzel-Widerständen zusammenzusetzen. In diesem Fall haben sogar Zementbunker meinen Segen (so man welche bekommt).
Alternativ eben Aluminium-Housed Widerstände die aber an’s Chassis geschraubt werden müssen! Und das bitte möglichst weit weg von der 211 und leistungsmäßig mit noch „ein paar Watt mehr». Sicherheitshalber.
Faustformel: 4kΩ bei EL34 und Consorten (6L6GC, KT77…), 10kΩ bei EL84 und ähnliche Typen. Die symmetrische Spannungsversorgung liegt bei min. +200V und -200V. Maximal etwa 30V mehr. Achtung: Dieser Netzteilzug sollte kanalgetrennt aufgebaut werden!
Die Dickschicht-Leistungswiderstände aus der Metallfraktion sind als „Übertragerersatz» nicht geeignet!