Das Netzteil im Detail
Zunächst: Die 6AS7G benötigt von allem etwas mehr: Gemessen an dem, was diese Röhre leistet, ist eine relativ hohe Heizleistung von fast 16 Watt nebst einen sehr kräftigen Tritt ins Steuergitter nötig. Die eigentliche Spannungsversorgung hingegen ist sehr moderat: es sind „nur» etwa 200 Volt nötig – die aber sehr „stark» sein müssen. Der Netztrafo (und das Netzteil) muss diese Spannung mit etwa 350mA bereitstellen. Der Verstärker steht und fällt mit dem Netzteil – ein guter Netztrafo, mit „eingebauter Reserve», ist keine schlechte Idee (das heisst nicht, dass man hier überdimensionieren soll).
Da die 6AS7G etwas kräftiges am Steuergitter erwartet, muss die Vorstufe entsprechend konzipiert sein. Am einfachsten funktioniert die Geschichte, wenn die Vorstufe mit einer höheren Betriebsspannung gefahren wird (in diesem Fall etwa 400 Volt). Zusammen mit der doch relativ hohen negativen Vorspannung lässt sich dann die Endröhre problemlos in den optimalen Arbeitspunkt bringen und wird gut ausgesteuert.
Da die Betriebsspannung der Vorstufe wesentlich höher ist als die benötigte Spannung für die beiden Endröhren, wäre es absolut unsinnig, aus den 400 Volt die benötigten 200 Volt zu generieren. Hierzu müsste dann die Hälfte der Betriebsspannung „irgendwie» vernichtet werden. Nicht sonderlich sinnvoll! Auch aus klanglicher Sicht, denn je mehr Leistung die Endröhren „ziehen», desto mehr gerät die Vorstufe ins wanken. Intermodulation nennt der Fachmann das. Um dem entgegen zu wirken, könnte man „dicke» Elko-Stützkapazitäten verbauen. Das ist nicht nur teuer (geworden) sondern auch nicht ideal. Also entkoppeln wir die ganze Geschichte von Anfang an – Vor- und Endstufe werden separat mit Spannung versorgt. Wie mein Freund Alf dann zu sagen pflegt: „Null Problemo.»
Röhrengleichrichter im Endstufenbereich (dazu auch noch in Gegentakt) sind nicht unbedingt des HiFi liebstes Kind. Mit steigender Leistungsanforderungen komprimiert (begrenzt) der Röhrengleichrichter und verzerrt das Musiksignal. Musiker lieben diesen Effekt und er wird heute künstlich mit Halbleiter nachgebildet. Wenn man jedoch einen „starken» Röhrengleichrichter verwendet, dann verringert sich dieser unerwünschte Effekt. Aus diesem Grund setze ich von vorneherein auf eine „starke» GZ34. Wenn Sie noch GZ32 herumliegen haben – dann können Sie die auch nehmen. Die 5U4G von Svetlana (oder gar die mittleweile seltene Black Plated Version) passt zwar optisch zur 6AS7G, dürfte aber leider für diesen Anwendungsbereich etwas zu schwach sein. Eine 5U4GB von Electro Harmonix käme dagegen in Frage, dann muss jedoch der Heiz-Stromkreis auf diese Röhre angepasst werden. Im übrigen halte ich die GZ34 (5AR4) für eine stark unterschätzte Röhre, nur weil sie so klein und zierlich wirkt.
Der Röhrengleichrichter hat aber noch eine andere Aufgabe! Wer der 6AS7G etwas Gutes tun will, der lässt sie etwas warm werden, bevor sie die Anodenspannung angelegt bekommt. Genau das macht der Röhrengleichrichter – die Anodenspannung wird nach etwa zwei, drei Sekunden langsam hochgefahren. Diese Zeit reicht, um die 6AS7G „vorzuwärmen». Natürlich kann man dieses Netzteil auch komplett auf Halbleiter umrüsten, bin aber der Meinung, dass dann dieser Verstärker seinen „Charme» verliert.
Die Ruhestromeinstellung ist ebenfalls etwas ungewöhnlich! Der Ruhestrom wird mit dem 10kΩ-Trimmpoti im Netzteil eingestellt. Das Trimmpoti im Verstärkerschaltplan symmetriert – d.h. er „verteilt» die negative Vorspannung „gerecht» auf beide Triodensysteme der 6AS7G. Der Abgleich ist dann wie folgt: Zunächst wird die höchste negative Vorspanung am 10k?-Trimmer eingestellt (die 6AS7G bitte noch nicht einstecken). An den Gitteranschlüssen der 6AS7G werden nun die Spannungen gemessen und ggf. mit dem 50kΩ-Symmetriertrimmer auf gleiche Werte eingestellt. Die Ruhestromeinstellung erfolgt dann bestenfalls nur noch mit dem 10kΩ-Trimmer. Je Röhrensystem wird auf etwa 20mA Ruhestrom eingestellt. Das entspricht einem Spannungsabfall über den 100?-Kathodenwiderstand von etwa 2 Volt.
Die Verstärkerschaltung
Die eigentliche Verstärkerschaltung an sich ist nichts besonderes: Die ECC83 (12AX7) ist prinzipiell „nur» eine „Wald-und-Wiesen» Phasenumkehrstufe (Long Tailed Pair). Nichts besonders halt. Halt, doch: Das Gitter der unteren Röhrenhälfte ist in hömoopathischer Dosis positiv vorgespannt. Die gesamte Beschaltung an sich ist nur noch auf „Empfindlichkeit» ausgelegt (Nicht Verstärkung!). Etwa 200mV Eingangsspannung reichen aus, um diesen Röhrenverstärker voll auszusteuern. Als „nackte» Endstufe nicht zu empfehlen – ein 47kΩ-Poti im Eingangsbereich sollte daher Pflicht sein.
Nach der ECC83 folgt eine Treiberstufe (ECC82, 12AU7), die die gesplitteten Phasen des Signals verstärken (die Phasenumkehrstufe an sich verstärkt kaum). Tja… Und dann kommt schon die Endröhre 6AS7G.
Bauteilauswahl
Diesmal sind Carbon-Composit Widerstände fehl am Platz. Der gesamte Verstärker wird mit 1 Watt Metallschichtwiderstände bestückt (wenn nicht anders angegeben). Lediglich die Kathodenwiderstände der 6AS7G fallen aus dem Rahmen: Hier kommen 2W Drahtwiderstände zum Einsatz!
Als Koppelkondensatoren sollten „neutral» klingende MKP’s eingesetzt werden. Also keine Ölpapiertypen, kein Silber, kein Gold und keine Zinnfolie (die sowieso nicht). Schlichtes, aber gutes, MKP-Material. Lediglich die Eingangskondensatoren „dürfen» MKC- oder MKT-Typen sein. Was man halt so da hat.
Bei genauerer Betrachtung des Verstärkerschaltplans fallen noch die beiden Elkos auf, die den Kathodenwiderständen der 6AS7G parallel geschaltet sind. Der Maximalwert sollte 100µF nicht überschreiten. Als Spannungsfestigkeit sind hier 100V-Typen vorgesehen. Mit spezialisierten Audio-Elkos macht man nichts verkehrt. Die zur Stabilisierung eingesetzen Elkos in der negativen Spannungsversorgung sind hingegen unkritisch – sollten aber mindestens eine Spannungsfestigkeit von 160V aufweisen (250V-Typen sind mittlerweile leichter zu bekommen).
Übertrager. Tja, das ist so eine Geschichte.
Damals, also 1999, wurde ich gefragt, wie hoch der Ra/a des Übertragers sein soll. Irrtümlicherweise habe ich da einen falschen Wert genannt. Es war wirklich ein Irrtum und keine böse Absicht. Und so kamen Übertrager mit diesem falschen Ra/a Wert auf den Markt. Folge: Die Maximalleistung war nicht erzielbar und der Frequenzgang… Lassen wir das.
Kurz und gut: Für diese Schaltung sollten Übertrager eingesetzt werden, die über einen 50 Watt Kern verfügen und damit entsprechend „wuchtig» ausfallen. Damit erreichen wir eine Bandbreite von knapp 15 Hertz bis etwa 80 Kilohertz. Minus 3 Dezibel an den Eckpunkten. Unter Volllast, wohlgemerkt! Sicher, es geht auch mit anderen Übertragern – aber dann eben nicht mehr mit diesen Leistungsdaten.
Wenn Sie meinen, Sie könnten Geld sparen, indem sie auf gutes Eisen verzichten – Sie können noch mehr Geld sparen, wenn Sie dieses Projekt erst gar nicht anfangen. Das ganze Projekt ist für Anfänger geeignet, ja. Ich habe aber nie behauptet, dass es „billig» zu realisieren ist. Es gab wirklich einige Nachbauten, die daran krankten, dass man an allen Ecken und Enden gespart hat. Das so ein Verstärker dann keine Freude mehr macht, dürfte klar sein (das betrifft aber alle Verstärker-Selbstbauprojekte).
Die Trioden werden alle mit 6,3 Volt Wechselspannung beheizt. Der Netztrafo musst die Spannung mit sechs Ampere für die Stereoausführung zur Verfügung stellen. Symmetriert wird mit zwei 47?-Widerstände (fehlen im Schaltplan). An dem 5V-Heizkreis für den Röhrengleichrichter darf logischerweise nichts anderes angeschlossen werden. Hier wird auch nicht symmetriert!