845-Vorstufe(n) in der Praxis
Prinzipiell sollte es also eine Schaltung werden, die schon in meinem Buch „High-End mit Röhren» veröffentlicht wurde. Die 6V6, als 845-Treiber, sollte ebenfalls als Pentode beschaltet werden. Warum man eine Treiber-Pentode zur Triode kastrieren muss, kann ich mir nur mit „Gewissenberuhigung» von oder für Triodenfanatiker erklären.
Tja, so wie gedacht, funktionierte es aber nicht mit der 6SN7 und der 6V6. Was wohl noch für eine 300B reicht, ist für die 845 ein schlechter Witz. Die Hoffnung, dass es die 6V6 schon richten wird, ist pure Illusion. Wenn die erste Röhre bzw. Verstärkerstufe nicht den richtigen Pegel bringt, dann kann die zweite Verstärkerstufe auch nichts mehr reissen. Zumindest hier nicht…
Und dann ist da noch die Sache mit der 6V6 – die hier als als 845-Treiber unbedingt im Triodenmodus arbeiten will / muss. Im Pentodenmodus machte diese Röhre – in dieser Schaltungsfunktion – Unfug. Also Pentode im Triodenmodus. Das ist bitter.
Um also von vorneherein den richtigen Pegel zu bekommen, kann man natürlich auf SRPP mit der 6SN7 oder besser 6SL7 setzen. Das muss ja nun nicht wirklich sein…
Es läuft also alles auf eine zweite Pentode hinaus.
Na also!
In meiner Pentodenkiste schlummern alte Schätze, die auf ihren Einsatz warten. Eine rote Mullard EF39 oder eine altehrwürdige 6C6, beispielsweise. Oder eine bzw. zwei niegelnagelneue RCA-Pentode(n) von 1960. Die wird’s dann auch. Das geschwärzte Glas der 6V6 und das Ganzkörper-Metallkondom der Vorstufenröhre stören nicht. Das „romantische» Röhrenglühen sieht man bei dem Nähmaschinenlicht der 845 sowieso nicht mehr.
Das Schaltungskonzept ist dabei gar nicht neu.
Auf diesen Trichter sind schon ganz Andere gekommen, wenn man keinen Zwischenübertrager einsetzen will oder kann. In nahezu allen „alten und seriösen» Schaltungsbeispielen (vornehmlich fernöstlicher Herkunft) finden sich zwei Pentoden. Mindestens aber eine und dann auch noch mit Zwischenübertrager.
Für alle High-End „Wechselspannungs-Allergiker»: Die Vorstufenröhren werden mit symmetrierter Wechselspannung beheizt. Da liegt bei meiner „Eingangs-Pentode» übrigens ein kleiner Stolperstein, den man leicht übersieht…
Also hochverstärkende Pentode, die triodisierte Treiberpentode und dann eben die 845. Dann steht auch am Steuergitter der 845 ein Wahnsinnspegel (relativiert sich später, wenn die Gegenkopplung hinzukommt). Das verweist selbst eine hochgezüchtete SRPP-Krücke auf die hintersten Plätze.
SRPP vs. Pentode
Die SRPP ist bekannt dafür, dass sie mit einer niedrigen Ausgangsimpedanz daherkommen – kann. Das setzt jedoch voraus, dass sie auch mit einer niedrigen Impedanz (bzw. niederohmig) angeschlossen wird. Denn nur so funktioniert sie, wie sie sollte.
In 90% aller Schaltungsfälle ist das aber nicht gegeben. Spätestens die nachfolgenden Röhrenstufe versaut alles. Und in nahezu 100% aller Fällen modelt man die SRPP so um, dass sie nur von weitem so ausieht, als ob es sich um SRPP handelt. Die Folge ist: Die Möchtegern-SRPP kreischt hysterisch. Mit einer straffen Gegenkopplung treibt man dann den Teufel mit dem Beelzebub aus.
Es ist und bleibt nur eine billige Trickschaltung, die wiederum nach einem anderen Trick schreit, um so etwas wie „Klang» zu erhalten. Abgesehen davon sind die meisten Röhren, die man zu einer SRPP zusammenstöpselt gar nicht für diese Schaltung ausgelegt, weshalb man das schaltungstechnisch wiederum berücksichtigen sollte. Aus Kostengründen wird genau das dann „vergessen».
Als Hauptargument pro SRPP bleibt eigentlich nur noch die (theoretisch) geringe Ausgangsimpedanz übrig…
Advantage Pentode
Mit einer Pentode umgeht man alle Schwierigkeiten und Tricksereien. Die niedrige Ausgangsimpedanz ergibt sich fast von selbst – wenn man sich die richtige Pentode aussucht. Die EF86 ist es mit Sicherheit nicht – die lebt heute nur noch vom Nimbus alter Zeiten. Genauso wie die EF37A (A-Version).
Es gab und gibt durchaus Kleinsignal-Pentoden, die mit einem wesentlich geringeren Röhren-Innenwiderstand daherkommen. Sowohl im Bereich Vorverstärkung als auch als Treiber für eine dicke Triode. Hierzu gibt es abendfüllende Online-Lektüren. Richtig dimensioniert (man lässt die Pentoden nicht brüllen), sind diese Röhren in einer solchen Schaltung wesentlich „ruhiger» als eine am Rand des zulässigen betriebene Triode.
Anders als Triodenschaltungen (man braucht ja mehrere, um in etwa die gleiche Verstärkung zu erzielen) frisst eine Pentoden-Verstärkerstufe kaum Strom. Für das gleiche „Ergebnis» musst man bei Trioden mit etwa dem Dreifachen kalkulieren und muss sich mit dem verflixten Millereffekt herumschlagen.
Das niederohmige Ansteuern, von dem man so oft im Zusammenhang mit der 845 liest, ist keine Grundanforderung dieser Triode. Jede Röhre ist dankbarer Abnehmer für so etwas… In diesem Fall beträgt die Ausgangsimpedanz der 6V6 keine 10kΩ. Weniger braucht nicht und macht auch wenig Sinn. In der Röhrentechnik ist übrigens alles unter rund 100kΩ niederohmig. So mancher Trioden-Impedanzwandler die man der 845 vorschaltet, besitzt eine deutliche höhere Ausgangsimpedanz als 10kΩ…
Beide Pentoden besitzen übrigens einen sehr niedrigen Röhren-Innenwiderstand (Ri). Den kann man bei den üblichen Trioden lange suchen. Dieser niedrige Röhren-Innenwiderstand lässt die gesamte Vorstufenbeschaltung von vorneherein – auf „natürliche» Weise – niederohmig werden.
Damit haben wir auch gleichzeitig das ausgewogene „Mischungsverhältnis» der Oberwellen. Die 845 ist ja wirklich eine k2-Schleuder par excellence. Und dass sie auch noch im untersten Bereich ihrer Kennlinie arbeiten muss – so wie hier bei nunmehr unter 900V – macht die Sache nicht besser. Im Gegenteil. Wie auch schon seinerzeit bei der 300B, kann man die 845 ganz leicht dazu bringen, den Klang mit dickem Schleim aufzudicken.
Bauteile
Nur an wenigen Stellen wurden Metallschichtwiderstände eingesetzt. Hauptsächlich Kiwame-Kohleschicht und altes Carbon-Composit-Zeugs. Leistungswiderstände, zB. die Anodenwiderstände der beiden 6V6GT, sind 6W-Draht.
Voluminöse „High-End» Koppelkondensatoren kann man in diesem Chassis übrigens vergessen. „Normales», aber gutes MKP-Material. Aus. Fertig. Nur Spannungsfest müssen sie sein. Aufgrund der hohen Pegel sind 600V-Kondis nicht falsch.
Auch von den russischen PIO’s (Paper in Oil) lässt man auch die Finger. Die Dinger werden genauso von Schlemihls offeriert, wie falsche 6SN7GT „Bad Boys». Ich weiss auch nicht, was an den PIO’s „audiophil» sein soll. Im Signalweg haben die PIO’s sowieso nichts zu suchen. Die färben nämlich ab… Klanglich.
Die Regeleinheit für die negative Vorspannung wird noch entsprechend angepasst. Auch eine Triode wie die 845 lässt man nicht von Start weg mit 60mA Ruhestrom hochfahren…
Ich ’abbe fertig.