Her mit den kleinen Pentoden!

Konzentrieren wir uns auf die Breitband-Pentoden.

Die EF80 wurde schon frühzeitig als preiswerter Ersatz für die EF86 genommen. Ein paar Daten hierzu verdeutlichen die gewaltigen Unterschiede:

Die EF86 kommt mit einer Steilheit (S) von 2,2mA/V, einem Verstärkungsfaktor (µ) von 38 und einem Innenwiderstand (Ri) von 2,5MΩ (!) daher.

Die EF80 hält mit etwa 7mA/V, einem µ von 50 und einem Ri von „nur“ (gemittelt) etwa 550 Kiloohm dagegen.

Die EF184 setzt dem noch einen drauf: S=15mA/V, µ=60 und knapp 400kΩ Ri. Und die röhreneigenen Kapazitäten erst…

Bei solchen Daten ist es verwunderlich, warum ausgerechnet die EF86 so „toll“ sein soll. Der Ansatz, EF80 oder EF184 für HiFi zu verwenden, ist also sooo falsch nicht. Wenn man es denn auch richtig machen würde…

Erste Gehversuche
Im Rahmen eines Verstärkerprojektes habe ich auch dann mal ganz bewusst und bei „klarem Verstand“ auf eine (alte und auch noch gebrauchte) EF80-Pentode, anstatt SRPP, gesetzt. Ich habe mich dabei auf die Röhren konzentriert, die ich noch in meiner Röhren-„Konvolutskiste“ gefunden hatte: EF80, EF85, EF183, EF184 und sogar die EL183. Alles Röhren, die für NF nicht gedacht sind bzw. waren. Dementsprechend mager sind diesbezüglich die Datenblattangaben.

Da man das Rad nicht neu erfinden soll, habe ich zunächst recherchiert, ob es zu diesen Röhren Erfahrungswerte in NF-Schaltungen gibt. Ja, die gibt es. Und zwar zuhauf. Wenig substanzielles, dafür aber viele Schaltungen, die wohl nicht richtig durchexerziert wurden.

Wenn bei nur 100mV Input der Sinus zu Rechteck, ein Dreieck zu Sinus und das Rechteck zu einem Dreieck mutiert, dann ist… – nicht das Oszilloskop kaputt. Auch wenn die obere horizontale Linie des Rechtecks bei verschiedenen Frequenzen mit einer zu starken, nach unten verlaufende, Schräge angezeigt wird, sollte man die Schaltung doch „etwas“ überdenken.

Heisst im Umkehrschluss: Ohne das „grosse Messbesteck“ wie Oszilloskop und Signalgenerator, kommt man nicht weit. Für das „Durchorgeln“ der Schaltung muss man Zeit mitbringen. Einfach nur nach 1kHz-Sinus abgleichen, is‘ nich‘. „Kannze knicken.“ Und wenn dann alles stimmt, der Röhrenverstärker komplett aufgebaut, in Betrieb genommen wird, ist ein erneutes „durchorgeln“ erforderlich. Und zwar zunächst ohne Gegenkopplung! Zickt die Röhrenschaltung herum, geht’s wieder zurück auf „Los“. Erst wenn sich der Verstärker als Verstärker benimmt, darf man die Gegenkopplung anschliessen und nochmals „durchexerzieren“. Oftmals begleitet, man kann darauf wetten, mit Überraschungen… Bei meinem Verstärkerprojekt durfte ich viermal zurück auf „Los“.

Bleiben wir bei der EF80. Gerade von dieser Röhre hört und liest man, dass sie extrem rauschen und mikrophonieempfindlich sein soll. Wenn die Röhren richtig behandelt werden und kein „faules Ei“ vorliegt, dann ist das so ganz einfach… Falsch. Derartige Röhren wären dann nämlich auch auch nicht für ihr eigentliches Aufgabengebiet geeignet gewesen. Man bekommt aber garantiert derartige Probleme, wenn man zuviel „Schmackes“ auf die Röhren gibt – beispielsweise, wenn man eine EF80 einfach so in eine alte EF86-Schaltung steckt (was wirklich oft genug passiert). Der Hinweis, dass diese Röhre Probleme macht, wenn „kleinere“ Signalpegel als 100mV verstärkt werden sollen, ist so ebenfalls nicht korrekt. Richtig beschaltet macht auch eine EF80 keine Zicken.

Mit „richtig beschaltet“ meine ich jetzt nicht die eigentliche Verstärkerschaltung, sondern die Beschaltung des Heizkreises. Auch eine Pentode reagiert – Überraschung! – sehr allergisch auf unzulässiges Uf/k. Die EF80 oder die EF184, mit ihren max. 150V Uf/k, benehmen sich da scheinbar noch sehr gutmütig. Andere, ähnliche Röhren, sind diesbezüglich wesentlich „sensibler“. Achtung, nicht in diese Falle tapsen! Es ist ratsam, sich hier deutlich unter den Maximalangaben zu bewegen. Also nicht knapp darunter, sondern wirklich deutlich.

Auch bei manchen alten „professionellen“ EF80-Schaltungen aus den 1960’er bzw. 1970’er Jahren muss man vorsichtig sein. Damals kannte man eben noch kein Eingangssignal mit 1V-Pegel. Verstärker mit einem Frequenzbereich von unter 20Hz bis über 20kHz waren auch eher selten. Baut man sich so eine alte Pentoden-Schaltung nach, dann darf man sich heute über Verzerrungen und ein „komisches“ Klangbild nicht wundern. Für heutige Anforderungen muss man etwas umdenken. Datenblatt, Kurvenschar und Taschenrechner sind nicht der Weisheit letzter Schluss. Mit einem gut ausgestattetem Widerstandssortiment und anschliessenden Messungen kommt man viel, viel weiter. Mit etwas Erfahrung (!) ist man mit der „Try and Error“ Methode schneller am Start als mit der Rechnerei, bei der man sich zudem sehr leicht auf den Holzweg begibt. Hört sich völlig unprofessionell, wenn nicht sogar stümperhaft, an. Weiss ich. Gibt zwar keiner freiwillig zu, macht aber jeder. Selbst die „Profis“. Tatsache.

pentoden-vorstufe-1

Gerade Röhren vom Schlage EF80 oder EF184 weisen ein paar Eigenarten auf, die man schlecht vorhersehen kann. Auch können sich Exemplarstreuungen – besonders in der NF-Technik – bemerkbar machen. Wenn man mit derartigen Röhren HiFi realisieren will (oder muss), dann sollte man sich als erstes einen HF-mäßigen Aufbau angewöhnen: Alle Bauelemente sind direkt und auf kürzestem Wege direkt an die Röhrenfassung zu löten. Das mache ich übrigens auch mit „normalen“ Röhren. Das sieht gewöhnungsbedürftig aus, gebe ich zu. Aber viele Probleme entstehen so erst gar nicht.

Häufige Fehler bei EF80 / EF184

1) Man bezieht die Betriebswerte (Spannung) aus dem Datenblatt, die für alles andere als NF-Verstärkung gelten, auf „unseren“ Niederfrequenzbereich. Die Beachtung der Grenzwerte (!) ist allerdings etwas für Warmduscher.

2) Man lässt derartige Röhren nicht arbeiten. Knapp über ein, bis maximal zwei Milliampere müssen reichen. Wenn die Schaltung nicht wie gewünscht funktioniert, liegt das einfach daran, dass Pentoden für HiFi untauglich sind.

3) Daraus „kann“ sich nun ergeben, dass Spanung und Strom zwei unterschiedliche Dinge sein „könnten“. Bei einer Anodenspannung (Ua) von deutlich über einhundertdreissig Volt und im Gegenzug ein Ruhestrom von vielleicht zwei Milliampere muss man ordentlich „Dampf“ auf das Schirmgitter geben, damit das Gitter zur Anode wird und man die Röhre noch zum arbeiten bewegt. Irgendwie bekommt man die Röhre schon kaputt…

4) Die Blockkapazität des Schirmgitter wird einfach aus einem Oszillatorschaltbild übernommen. Wird schon richtig sein.

5) Gridstopper sind überflüssiger Luxus.

6) Lange Verbindungswege und insgesamt ein Aufbau wie ein Gemälde.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

Kommentare sind geschlossen.