PasAk Phono-Selbstbau

Phono-Selbstbau

Ich darf versichern, so etwas ist die ganz hohe Kunst im Verstärker-Selbstbau. Was man problemlos bei Leistungsverstärkern machen kann, kann man beim Phono-Selbstbau vergessen. Ich meine damit die Masseverdrahtung und hier die Sache mit der „dicken» Kupferader (min. 0,75’er mm, besser 1mm2), die als „Masseschiene» genutzt wird. Platine? Vergessen Sie’s. Freiverdrahtung ist angesagt. Oder im Trend-Jargon: „Handcrafted Point-to-Point».

Massen-haft

Phono-Verstärkerchen sind hypersensibel. Je höher die wenigen Millivolt des Tonabnehmers verstärkt werden sollen, desto höher die Gefahr, sich ein „Brummen» einzufangen.

Über Brumm habe ich mich vorab ausgelassen. Auch über meine Nachlässigkeit.

Die Masse (-Schiene) sollte auch kanalgetrennt zu erfolgen. Das geht eigentlich gar nicht anders.

Die „Old-Style» Masseverkabelung ist hier, gerade für „Anfänger», äusserst tückisch. Ich kenne übrigens Keinen, der die Vorteile, die eine dicken Kupferader mit sich bringt, vollständig verschmäht…

Dass man beim Testen und Messen den Verstärker-Eingang auf Masse legt, sollte selbstverständlich sein, oder?

Netz-Teiliges

Wir sind in der Röhrentechnik. Und Röhrentechnik lebt von einfachen Dingen. Vergessen Sie das neumodische Teufelzeugs wie elektronische Spannungsstabilisatoren. Ähem. Naja. Fast.

Für die Versorgungsspannung gilt: Gleichrichter, Ladekapazität, Drossel und Siebkapazität. Das reicht.

Diesmal muss die Drossel doch ein „bisschen» mehr Henry aufweisen, als sonst üblich. Und zumindest die Siebkapazität darf ruhig „etwas» grösser ausfallen. Gerade im Phono-Bereich muss die Betriebsspannung ja „sauber» sein.

Also, so ganz versagt man sich nicht den Segnungen der modernen Halbleitertechnik. Röhrengleichrichter sind diesmal mehr was für’s Auge. Also Silizium-Brückengleichrichter und eine relativ dicke Ladekapazität. Um die Sache möglichst kompakt zu halten, kommt ein Gyrator als „Drossel-Imitator» hinzu. Bei den hier vorherrschenden Strömen ist das keine grosse Sache. Bei der Henry-Gaukelei nicht übertreiben, etwa 20, 30 Pseudo-Henry reichen vollkommen aus. Danach noch 100µF Siebkapazität und fertig ist die Laube.

Auch die Heizspannung muss „clean» sein. Bei stromgeheizten P-Röhren ist eine Konstantstromquelle mit LM317 fast schon Pflicht. Übrigens, solange die spannungsheizten Röhren (also die 6,3V- oder 12,6V Röhren) den gleichen Strom ziehen (300mA oder 150mA) spricht nichts dagegen, diese ebenfalls an einen LM317 zu klemmen. So ähnlich hat man das früher auch gemacht.

Wenn es der Original-Nachbau sein soll, kommt man u.U. mit 20.000µF Siebkapazität aus. Die Bauweise solcher Elkos (10 Volt Spannungsfestigkeit) ist durchaus noch als klein zu bezeichnen. Aber… Auf dem Weg zum Gleichrichter entwickelt diese Heiz-Wechselspannung auch eine beachtliche Feldstärke. Gerade im Phono-Bereich kann das heissen: akute Brummgefahr.

Den Netztrafo hält man von den Röhren fern. Vor allem hat man das Streufeld so auszurichten, dass es nicht in die Röhren einstrahlt. Die Stromstärke der Sekundärspannungen darf man diesmal etwas grosszügiger auslegen, um dem Trafo erst gar nicht die „Chance» zu geben, an seiner Grenze arbeiten zu müssen.

Generelles

Die erste Verstärkerstufe ist die alles Entscheidende. Was hier versaubeutelt wurde, ist nicht wieder gut zu machen.

Es gilt das Prinzip der (extrem) kurzen Wege. Also alle Bauteile, besonders bei der ersten Verstärkerstufe, sind sehr dicht an die Röhrenfassung zu löten. Das gilt besonders bei Pentoden oder Röhren mit einer hohen Steilheit! Die 08/15-Triode ECC83 verzeiht. Eine Pentode nicht.

Apropos Steilheit: Je höher das „µ» (Verstärkungsfaktor) und das „S» (Steilheit) und erst recht bei einem „improvisiertem» Aufbau, desto mehr werden Gridstopper Pflicht. So ein „blöder» 100Ω-Widerstand lässt viele „komische» Probleme erst gar nicht entstehen. Gridstopper habe ich auch mal für überflüssig gehalten (trotz HF-mäßigen Aufbaus an dem jeder Funkamateur seine Freude gehabt hätte)…

Da Gridstopper im Signalweg liegen, „darf» man Metallschicht-Widerstände verwenden. Hier und an dieser Stelle sind Carbon Composits oder Kohleschicht nicht unbedingt die erste Wahl.

Die Bauteile einer Röhrenstufe sind zudem auf kürzestem Wege mit der Stufen-Masse (auch mit dem Kupferdraht gilt das Prinzip der Stufen-Masse) zu verbinden. Potentialunterschiede entstehen auch, wenn der Strom vom dicken Draht durch den wesentlich dünneren Anschlussdraht eines Bauteils fliessen muss. Zwei Zentimeter können sich als zu lang erweisen.

Die Installation hat nicht schön zu sein – sie muss nur rausch- und brummfrei funktionieren.

Die Röhren gehören, bei „offenem Aufbau» in einem (geerdeten) Abschirmbecher. Das „romantische» Röhrenglühen sieht man bei Pentoden sowieso kaum.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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