13. Mai 2016
Und, wer hat’s erfunden?
Die Idee, den Entzerrer direkt als „Arbeitswiderstand» (Anodenwiderstand) für die Pentode einzusetzen, finde ich ausgesprochen interessant. Was für Hochfrequenz gut ist, kann für HiFi nicht schlecht sein.
Anders als man vermuten könnte, ist dies keine „Erfindung» von amerikanischen, fernöstlichen oder europäischen Bastlern. Sie kommt aus dem russischen Raum. Bis auf den Namen (Eugen Komissarov) und Herkunft findet man kaum noch weiteren Angaben (was allerdings auch daran liegt, dass ich kein Russisch kann).
So etwas schlummert, ungelogen, seit fast fünfzehn Jahren im Netz. Was man mit einem derartigen „passiv-aktiv» (ich nenne es ab sofort mal PasAk) RIAA-Entzerrer erreichen kann, zeigen folgende Messergebnisse eines amerikanischen Bastlers:
Freq (Hz) RIAA-Vorgabe (dB), Gemessen (dB), Abweichung (dB) 20 19,3 18,8 0,5 30 18,6 18,3 0,3 50 17,0 16,8 0,2 60 15,4 15,7 0,3 80 14,2 14,4 0,2 125 11,5 11,6 0,1 250 6,7 6,6 -0,1 500 2,6 2,5 -0,1 1000 0,0 0,0 0,0 2000 -2,6 -2,3 0,3 3150 -5,0 -5,0 0,0 4000 -6,6 -6,4 0,2 5000 -8,2 -8,0 0,2 6300 -10,0 -10,0 0,0 8000 -11,9 -11,9 0,0 10000 -13,7 -13,8 -0,1 12500 -15,6 -15,7 -0,1 16000 -17,7 -17,9 -0,2 20000 -19,6 -19,6 0,0
Tabelle ist korrigiert worden. Ob die Messungen tatsächlich stimmen, kann ich nicht sagen und werde, wie gesagt, auch keine Wissenschaft daraus machen.
Die Abweichungen ist um Längen besser als das, was man sonst so findet oder kaufen kann (so denn auch alles stimmt). Solche Daten findet man sowieso kaum bis gar nicht. Der Bauteilaufwand ist für dieses Ergebnis nicht der Rede wert und übersteigt nicht den Aufwand eines aktiven Entzerrers. Noch Fragen?
Erreicht wurden diese Werte nicht mit einer geweihten Super-Pentode, sondern mit der Wald-und-Wiesen Pentode EF86. Die restlichen Bauteile sind ebenfalls Wald-und-Wiese. Da tauchen noch nicht einmal Glimmer oder Styroflex auf. Auch wenn es Bestrebungen gibt, Voodooismus mit Wunder-Kondensatoren und Super-Widerständen zu betreiben. Messergebnisse bleibt man dann aber schuldig.
Ach ja. Die Spannungsverstärkung (beim Nachbau) beträgt etwa 200-fach. Die Originalschaltung dieses „Pasak»-Phonoverstärkers mit „speziellen» Audio-Röhren bringt es auf unten stehende Daten (wobei die Triode zwar ein „steiler Zahn» ist, aber nur eine Leerlaufverstärkung von etwa 15 aufweist). Auch mit einer anderen Pentode wäre mehr drin. Trotzdem:
Ausgangspegel (5mV Input, 1kHz): 750mV
Ausgangsimpedanz: <1kΩ
S/N-Ratio: 70dB
Das Teil wird mir immer sympathischer.
RIAA messen & testen
Ok. Wie messe ich den RIAA-Entzerrer durch? Dazu braucht man einen Sinusgenerator und ein genaues Voltmeter (dB-geeicht). Ein Oszilloskop wäre von Vorteil. Die Amplitude des Sinusgenerators wird derart eingestellt, dass am Ausgang des Phono-Vorverstärkers bei 1kHz genau 1 Volt (entspricht 0dB) anliegt. Diese Einstellung macht man nur einmal und wird im weiteren Verlauf nicht geändert. Sämtliche Messwerte sind auf 1kHz bezogen! Dann werden die Frequenzen „durchgeorgelt»:
Frequenz Hz Uout entspricht dB 20 9,23 +19,30 30 8,51 +18,60 40 7,76 +17,80 50 7,08 +17,00 60 6,38 +16,10 80 5,31 +14,50 100 4,52 +13,10 150 3,27 +10,29 200 2,57 +8,20 300 1,88 +5,48 400 1,55 +3,80 500 1,35 +2,60 800 1,08 +0,67 1000 1,00 0.00 1500 0,85 -1,41 2000 0,74 -2,61 3000 0,58 -4,73 4000 0,47 -6,56 5000 0,39 -8,18 6000 0,33 -9,63 8000 0,25 -12,04 10000 0,21 -13,55 15000 0,14 -17,08 20000 0,10 -20,00
Je geringer die Abweichung der gemessenen Spannung, desto besser. Logisch, oder? Man benötigt aber wirklich ein sehr, sehr, sehr, sehr genaues Messgerät. Und das gibt es nicht auf einem Grabbeltisch.
Einfacher geht es natürlich mit einem Reverse RIAA Equalizer (auch Anti-RIAA Filter genannt), der die o.g. Frequenzen in der richtigen Amplitude „umwandelt». Dafür sind „nur» ein paar Widerstände und Kondensatoren nötig. Die Werte aber müssen möglichst genau sein. Bezugspunkt ist auch hier: 1kHz-Sinus bei 1 Volt.
Ein interessanter Link zu Heise. Die ZIP-Datei enthält jede Menge nützliche Hinweise und vor allem eine MP3-Datei mit Sweep-Töne gemäß RIAA.
Wir lesen uns wieder irgendwann nach Pfingsten.
Update 21.08.2016
Jaja, ich weiss. Pfingsten ist lange her. Aber mir ist da „etwas» in die Quere gekommen. Das Projekt lebt trotzdem weiter.
Stay tunend.