SE-KT88: Der Plan
Diesmal sollte es kein typischer „frihu-Röhrenverstärker» werden. Nach „Schema F» sollte dieser KT88-Eintakter auch nicht aufgebaut werden. Und dann war noch dieser Ehrgeiz, es diesen Typen mal zu zeigen, dass es in jeder Hinsicht besser geht. Doch der Reihe nach.
Kundenvorgabe war diesmal „nur», dass Klang vor Leistung geht, weil „richtige» Lautsprecher (95dB/W/m) gefahren werden. Wie ich das mit dem Klang hinbekomme, sollte mein Bier bleiben.
Und – na klar: Die Phasenlage am Ausgang soll dem des Eingangssignals entsprechen. Leute, glaubt’s mir: Wenn man mir die Gelegenheit gibt, dann lebe ich diesen Spleen voll aus. Willste machen…?
Statt den unsäglichen „Möchtegern-Standard» über zwei Verstärkerstufen (was unweigerlich zu einer „gedrehten» Phase führt), muss also mit einer verstärkenden Treiberstufe auszukommen sein.
Netzteil
Etwas Bauchschmerzen bereitete das Netzteil. Hier sind vor und nach der Drossel je zwei 250V-Elkos seriell geschaltet. Die sich daraus ergebende Spannungsfestigkeit beträgt 500V. Nach dem Einschalten des Verstärkers liegen da aber – je nach Tagesform der Netzspannung – bis zu 520V Gleichspannung an. Zwar nur für Sekunden, aber immerhin…
Auch wenn die (halbierte) Differenz noch gut im Toleranzbereich eines jeden Elkos liegt, ist das nicht unbedingt elegant. Lässt sich leider nicht ändern.
Was bleibt: Masseführung ändern, Korrektur der Spannungsteilerwiderstände und anderer Gleichrichters. Zum Schluss wird nur noch ein 550V-Elko eingesetzt, der die Ladekapazität etwas „aufwertet».
Der Treiber
Natürlich erwarten Sie jetzt eine Pentode, die die KT88 antreiben soll. Richtig? Gebe ich zu, war auch mein erster Gedanke. Dieser Gedanke währte aber nur kurz. Wirklich. Was höre ich da? „SRPP»? Ich bitte Sie, wir sind hier nicht im Kindergarten…
Mir schwebte da doch tatsächlich (Üüüberraschung!) eine „simple» Triodenschaltung vor. Und zwar mit einer ECC85. Die klassische UKW-Radioröhre überhaupt. Die kommt a) mit den Spannungsverhältnissen besser zurecht, als die „Wunderröhren» (waren ja zwei) und kann b) auch anständig liefern.
Okay, man hätte auch den Vorgänger (Ja doch) ECC81 nehmen können. Nur… So wie es scheint, ist die ECC81 mittlerweile auch so ein „Mode-Püppchen» geworden. Eine ECC85 bekommt man, in sehr guter Qualität, für deutlich weniger Kohle. Manchmal lohnt sich „Marktforschung»: Da standen ein paar RFT ECC865 (identisch mit ECC85, aber quasi „allererste Sahne») für „kleines Geld» einsam am Wegesrand. Guter Mensch wie ich bin, habe ich sie mitgenommen…
Die beiden Triodensysteme werden dabei „ganz einfach» parallel geschaltet. Mit je einem eigenen Gridstopper pro Triode. Auf den einen Widerstand mehr kommt es auch nicht drauf an. Voila – fertig wäre der einstufige KT88-Treiber. Und das auch noch kanalgetrennt.
Es sollte aber klar sein, dass ECC85 dann nur noch auf dem Glas steht, denn durch das Parallelschalten der Triodensysteme ensteht quasi ein vollkommen neues Röhrensystem. Einige Kenndaten verdoppeln, andere wiederum halbieren sich. Das kann Probleme bereiten. Ein einigermaßen HF-tauglicher Aufbau (UKW-Röhre, you know?) und ein moderater Arbeitspunkt ist anzuraten.
Ideen sind bekanntlich schnell geboren. Die standfeste, praxistaugliche Umsetzung war aber so einfach auch wieder nicht. Wer kommt denn auf die Idee, die Triodensysteme einer ECC85 parallel zu schalten? Das Ergebnis kann sich nun, so denke ich mal, sehen lassen. Was die KT88 und der Übertrager nun daraus machen, steht auf einem anderen Blatt.