Nur ein Reparaturvideo? Egal.

Ein Reparaturvideo an sich ist ja nicht schlecht. Ich schaue mir neuerdings so etwas auch gelegentlich an und habe oft auch ein „Aha“- oder „Sieh‘ mal an“-Erlebnis. Besonders – oder eigentlich immer – wenn Halbleiterzeugs (also Verstärker jeden Alters, Tape-Decks oder CD-Player) repariert wird.

Und dann weiss ich, warum ich die Finger von derartigen Gerätschaften lasse. Naja, so ganz stimmt das nicht. Wenn meine Geräte um Aufmerksamkeit bitten, gehe ich da auch ’ran. Das geht dann aber eher nach dem Motto „mehr wie kaputt gehen kann’s nicht mehr“.

Ist eben nicht (mehr) meine Welt. Und erst recht nicht, wenn die Bauteile so klein sind, dass man nur noch mit Lupe oder gar Mikroskop arbeiten kann. Zurück zum Thema…

Das Reparaturvideo

Nun soll es nicht um irgendwelche Reparaturvideos gehen, sondern um ein spezielles: Das Youtube-Video von Mark Maher über die Reparatur eines billigen Phono-Vorverstärkers (schlappe 30.000 Emmchen). Moment – Mark wer? Wer soll das sein? Ein D-Möchtegernpromi?

Egal, denn es geht nur um das Reparaturvideo bzw. das Thema drumherum, was derzeit die Gemüter erregt. Ähnliches habe ich übrigens selber auch schon erfahren müssen…

So weit, so harmlos. Das Video wäre in der Masse der bewegten Bilder irgendwann in der Versenkung verschwunden. Wenn…

Ja wenn der Hersteller nicht aufgemuckt hätte und Youtube um Sperrung gebeten hätte. Und immer, wenn so etwas passiert, ist die Netzgemeinde schnell auf hundertachtzig und dann passiert genau das, was man eigentlich vermieden haben wollte. Egal ob es sich hierbei um ein Photo oder um ein Reparaturvideo handelt.

Stein des Anstosses

Kommen wir mal kurz zur Kaufsumme: Was will mir ein Phono-Vorverstärker für 30.000 Ocken eigentlich bieten? Dazu muss man sich das Video (hier als eines von vielen Re-Uploads nebst „Vorwort“ eines Mitstreiters) anschauen.

Geboten wird scheinbar nicht viel. Die Bauweise des Gerätes ist (für mich) keine grosse Überraschung. So etwas kenne ich von einigen Röhrenverstärkern von Marks Landsleuten. Hier nur ein Beispiel. Viel interessanter für mich war aber der Umstand, dass Unmengen Tantalelkos (das sind und bleiben Drecksdinger) verbaut wurden.

Auch wenn Tantalelkos teuerer sind, als „normale“ aber gute Low-ESR Elkos, so rechtfertigt das nicht diesen Preis. Glimmer-Kondensatoren auch nicht. Einzelanfertigung auch nicht.

Alles andere sind Bauteile, die jeder Elektronik-Händler auf Lager liegen hat. Was denn auch sonst? Selbst die Schaltungs-Auslegung des eigentlichen Verstärkers ist ein alter Hut und findet sich auch in einem älteren Datenblatt des verwendeten Bauteils als Appplikationsschaltung.

Aufgebaut wurde kanalgetrennt auf separaten Platinen, wobei scheinbar jede Schaltungsgruppe separiert wurde. Und jetzt wird’s lustig.

The Show must go on

Bis der Fehler „irgendwo“ in einer Schaltungsgruppe (Spannungsversorgung?) grob eingekreist werden konnte, wollten weite Umwege gegangen werden. Unter anderem wurde eine Schaltbild-Skizze herausgezeichnet. Genauere Details des Schaltplans wurden ebenfalls im Video gezeigt. Das führte dann letztendlich zum Streit.

Der Fehler wurde schlussendlich mit Hilfe einer Wärmebildkamera (Hä?) lokalisiert: Ein Tantalelko hat’s dahingerafft. Das geht übrigens schneller, als man Piep sagen kann. Ein Mikrosekunden-kurzer Rippelstrom-Impuls reicht.

Sieht aber schon spektakulär aus, so eine Wärmebildkamera. Jeder einigermaßen versierte Bastler hätte einfach nur nachgemessen, ob überhaupt eine Spannung anliegt und wie sie weitergereicht wird. Da kanalgetrennt aufgebaut wurde, lässt sich Soll und Ist schnell herausfinden, da ja nur ein Kanal einen Defekt aufwies.

Kann man machen…

Das erschien aber wohl – angesichts der Kaufsumme – viel zu profan. Also wirklich, liegt keine Spannung an oder nicht in der richtigen Höhe, dann gibt es (in diesem Fall) exakt nur zwei Möglichkeiten: Entweder ist’s der Spannungsregler, oder ein Kondensator.

Egal. Und was macht der gute Mark nun? Er ersetzt genau diesen einen Kondensator wieder mit Tantal.

Und damit wird dieser Verstärker wohl für immer ein potentieller Werkstatt-Kandidat bleiben. Zumindest in diesem Schaltungsteil hätte ich alle Tantalelkos ’rausgeschmissen und durch gute LOW-ESR Industrieware ersetzt. Ich wollte das Gerät nicht noch einmal auf meine Werkbank stehen sehen. Ein Kommentator des Heise-Artikel sah das ähnlich.

Bei aller Sympathie für die Sache an sich, ein paar kritische…

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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