Röhrenverstärker selber bauen geht ja noch. Aber Plattenspieler? Und ich meine damit jetzt kein Spassprojekt aus Lego. Nein, einen richtigen Plattenspieler!
Wenn „Holzwürmer» vom Selbstbau-Virus befallen sind, fahren sie normalerweise zum nächstbesten Baumarkt und decken sich dann mit den entsprechenden Sachen ein. Dann wird zuhause gebohrt, gehämmert und getackert. Wenn Frauen das heimische Nest aufhübschen wollen, gehen sie „nur mal gucken», ob’s was gibt. Danach wird meist das halbe heimische Interieur ausgetauscht. Damit Mann nicht mault, weil er nicht in den Baumarkt darf, stattet Frau die „Nur-mal-gucken»-Exkursion bei Ikea ab.
Soweit so normal. Gefährlich wird Geschichte, wenn Mann alleine bei Ikea auftaucht. Denn dann hat er meist etwas im Sinn. So etwas, zum Beispiel:
So zB. bei Jochen (Jo) Soppa. Der macht aus ganz profanem Zeugs Plattenspieler und beweist damit, dass Phantasie und Ideenreichtum noch nicht ganz verloren sind. Naja, ein bisschen Sachverstand gehört auch noch dazu (das ist dem Jochen Soppa aber auch nicht einfach so zugeflogen!).
Und so entstehen aus Hackklotz, Tranchierbrett, Korkmatte oder Modelleisenbahntrafo Plattenspieler, denen man die Herkunft der Ursprungsmaterialien nicht mehr ansieht. Da ist mehr High-End drin, als bei manchen „Profigeräten» draufsteht. Besonders beeindruckt hat mich die „Grillzange» eines Plattenspielers: „Umfunktioniert» zum Tonarm. Gediegen. Hat was.
Besucht man nach der Ikea-Tour noch einen KFZ-Zubehörhandel, dann lässt sich aus Luftfilter-Schaumstoff eine preisgünstige „Entkopplung» für den Plattenspieler (auch wenn nicht selbstgebaut) herstellen. Ehrlich jetzt: Wer kommt denn auf so etwas?
Würden solche Schallplattenspieler auf einer Messe ausgestellt, müsste man Szenetypisch ein Preisschild mit mindestens vier Zahlenstellen links vor’m Komma draufpappen, um einigermaßen ernst genommen zu werden (eine RoHS-Zertifizierung bekommt das Teil locker…).
Das Hintergrundbild der Homepage ist übrigens interessant. Rechts leuchten Queckies (Quecksilberdampf-Gleichrichter). Ich wage aber zu bezweifeln, dass diese Röhrengleichrichter zu dem notwendigen Phono-Vorverstärker gehören.
Das Bambus-Tranchierbretter sich gut als Plattenspieler-Basis eignen habe ich vor etwa drei Wochen herausgefunden. Jetzt warten das Brett noch darauf, entsprechend „audiophil» weiterverarbeitet zu werden, damit mein Telefunken S500 sich wieder richtig drehen darf. Jaja, ich weiss um die Sache mit dem Tonarmgewicht (eigentlich Schätzeisen für die Auflagekraft).
Apropos Bambus: Ja, das ist ein hervorragender „Baustoff». Einerseits ist das Holz verdammt hart, anderseits auch biegsam. Das kann man ja von der deutschen Eiche nicht unbedingt behaupten. Auch als Zarge für den Plattenspieler ist es geeignet. Sogar sehr. Aber Plattenspieler-Zargen ist eine ganz andere Geschichte.
Was ist ein Plattenspieler?
Liebe Kinder, das ist ein vollmechanisches Gerät zum abtasten von NF-Signalen, die auf den grossen, runden, (meist) schwarzen Scheiben gepresst sind. Die darauf befindlichen Signale sind nicht auf 64 Kilobyte komprimiert, damit 512 Lieder auf in Eurem Smartphone passen. Den Vorläufer eines Plattenspielers hat Thomas A. Edison erfunden. Damals war es eine Walze. Heute eben eine Scheibe.
Noch etwas: Da Schallplatten etwas empfindlich sind, muss man sie sorgfältig behandeln. Das haben wir früher ganz von selbst gelernt. Heute müsstet ihr einen VHS-Kurs belegen, um zu lernen, dass Fettfinger nichts auf der Schallplatte zu suchen haben. Wenn man das akzeptiert, dann hat man Musik und keinen frequenzverstümmelten „Krach», wo das Gehirn mehr „hinzudichten» muss, als an Signal vorhanden ist.
Das Empfindlichste an einem Schallplattenspieler ist das Teil vorne am Tonarm, gemeinhin nur als „Nadel» bezeichnet. Das wird mit dem Tonarmlift vorsichtig auf die Schallplatte abgesenkt und nicht mit Gewalt „draufgedrückt». Da ist auch kein Laser drin.
Credits: Alle Bilder von Schiller Phono